Von Schülern der Klasse 9b (04.05.2002 23:09)
„Was am Freitag, den 26. April 2002 in Erfurt passiert ist, können wahrscheinlich nur wenige fassen. Es ist einfach unglaublich, was passieren kann, wenn ein Mensch in dieser Art ausrastet“, war die fast durchgängige Meinung bei einer Befragung in der Klasse 9b der Goetheschule.
Jetzt, wo sich der erste Schrecken gelegt hat, werden Fragen aufgeworfen, nicht nur nach dem Motiv des Täters, sondern auch, warum niemand in seiner Umgebung die Situation rechtzeitig erkannt hat. Besonders die Lehrer, so sagt man, hätten doch etwas bemerken müssen. Interessant ist jedoch die Meinung einer Lehrerin: Lehrer haben keine Möglichkeit, solche Taten zu verhindern. Zum einen fehlt ihnen die psychologische Ausbildung, zum anderen herrschen an den Schulen unzureichende Bedingungen. Wenn ein Lehrer mehrere Klassen unterrichten muss, die aufgrund von Sparmaßnahmen aus über 30 Schülern bestehen, hat er kaum die Möglichkeit, jeden Schüler individuell zu betreuen. Hier müssen dringend Änderungen vorgenommen werden.
Esther Milojkovic
Viele Tage nach der grausamen Tat bin ich immer noch geschockt und kann die Geschehnisse kaum begreifen. Für mich ist es unerklärlich, wie einfach 17 Personen gewaltsam aus dem Leben gerissen werden können. Ich glaube nicht, dass ein solches Problem durch schärfere Waffengesetze gelöst werden kann, da es für junge Erwachsene nicht allzu schwer sein kann, an Schusswaffen zu gelangen.
Ich denke eher, dass man das Problem im Keim ersticken sollte. Das fängt bei der Erziehung an,bei der das Kind oft vernachlässigt wird, da viele Eltern zu stark mit ihrer Arbeit beschäftigt sind. Auch an der Schule muss sich einiges ändern. Lehrer müssen sich mehr um sogenannte Außenseiter kümmern
Thomas Horeis
Ich finde, dass an jeder Schule Psychologen herangezogen werden sollten, die den Schülern bei ihrer Konfliktbewältigung helfen, um eine so grausame Gewalttat zu verhindern.
Können aber Lehrer solche Gewaltausbrüche erkennen? Ich meine nicht, denn zukünftige Lehrer studieren hauptsächlich ihre Fächer, die sie später lehren wollen und kaum Pädagogik und Psychologie. Daher sollte jede Schule mindestens einen Schulpsychologen haben, der zu jeder Zeit für die Schüler da ist.
Beate Schesny
Ich war schockiert, als ich die Katastrophe über das Fernsehen erfahren habe. Das war eine regelrechte Hinrichtung. So etwas ist unglaublich und trotzdem passiert. Man muss Angst haben, morgens zur Schule zu gehen. Auch tun mir die Angehörigen des Täters leid. Diese werden sich bestimmt massive Vorwürfe machen, weil sie nicht bemerkt haben, welche Probleme der 19-jährige hatte. Meiner Meinung nach sollte die Schule mehr Vertrauenslehrer haben, damit ähnliche Fälle verhindert werden können.
Larissa Grebe
Mich haben die Geschehnisse aus Erfurt sehr erschrocken. Solch eine Tat ist einfach nicht zu begreifen. Wie kann ein junger Mann nur zu so etwas fähig sein? Was für eine Wut und was für einen Hass muss man haben, um so etwas Grausames zu tun? Und immer wieder stellt sich jetzt die Frage: Was ist, wenn so etwas bei uns passiert? An unserer Schule?
Und wenn ja, was können wir dann tun? Nichts! Man fühlt sich hilflos bei diesen Gedanken, denn es wird deutlich, dass solch eine Tat nicht verhindert werden kann. Da können die Politiker noch so viele Verbesserungsvorschläge machen. Wenn jemand wirklich solch eine Tat vor hat, wird er schon Möglichkeiten finden sie auszuüben.
Viola Teubert
Nach dem Amoklauf von Erfurt am 26. April ist die Bestürzung groß. Die Trauer um die Opfer und die Betroffenheit nimmt unsere Gedanken an der Schule völlig in Anspruch. Viele Lehrer reden an den Tagen danach über Waffen, Computerspiele, Pädagogik und vieles mehr. Es wird versucht die Gründe zu bestimmen. Gründe, warum ein unauffälliger junger Mann zu solch einer Tat fähig ist. Doch hilft denn das Reden? Kann ich denn wirklich erkennen, warum jemand so etwas tut, wenn ich noch nie in einer solchen Situation war? Ich glaube nicht. Man erinnert sich nach Jahren nicht mehr daran, was die Lehrer vor Jahren erzählt haben. Man sollte schnell handeln: Kindern schon im Grundschulalter bei ihren Problemen helfen, auf ihren Weg in das Leben ihren Charakter stärken. Kinder dürfen nicht mit ihren Problemen allein gelassen werden.
Silke Grund
Natürlich fragt man sich zuerst, wie so etwas passieren kann, denn ich denke, es müssen schon ziemlich viele Ereignisse aufeinander treffen, dass ein Mensch so hilflos ist und vielleicht gar nicht mehr genau weiß, was er tut.
Außerdem hat der Amoklauf gezeigt, dass es auch in Deutschland leicht ist, an Waffen zu kommen – was ich erschütternd finde -, denn so könnte fast jeder, der in eine Notsituation kommt, andere Menschen umbringt.
Melanie Freitag
Ich kann nicht verstehen, wie ein Mensch so etwas tun kann. Ich glaube nicht, dass der Amokläufer diese Tat begangen hat, weil er zu viele brutale Computerspiele gespielt hat. Es spielen so viele Schüler diese Spiele. Doch deshalb sind diese nicht alle zu Mördern geworden. Wenn ein Mensch so etwas tut, muss ihn etwas sehr belasten. Außerdem verstehe ich nicht, dass er an solche Waffen kommen konnte. Die Schützenvereine sollten besser darauf achten, ob ihre Mitglieder in der Lage sind, mit ihren Waffen verantwortungsbewusst umzugehen. Allerdings wurde ja auch von vielen Menschen bestätigt, dass der Täter eigentlich nicht den Eindruck machte, dass er so eine Tat im Schilde führte.
Wieble Steinleitner