Impressionen einer Dienstreise

Ein Bericht von Lehrer M. und Lehrer S. (05.05.2005 14:44)

Das europäische Comenius-Projekt führte eine Delegation des Goethe-Gymnasiums, bestehend aus einer Schülerin und einem Schüler sowie zwei Lehrern, ins südspanische Cordoba. Dort wurden mit den Partnerschulen aus Ronde (DK), Banbury (GB) und Cordoba Ergebnisse ausgetauscht und weitere gemeinsame Vorhaben geplant. Dieser zweite Teil bildet den Abschluss der einwöchigen Exkursion.

Lehrer aus vier Nationen: ganz links die Lehrer S. und M. aus Kassel

Donnerstag, 21. April 2005
Enrique, der Geschichtslehrer, gibt auf. Er hat die Gestaltung des Vormittags an einen seiner Kollegen abgetreten und unterrichtet stattdessen im wärmsten Klassenraum der Schule bei 35° Grad im Schatten. Der beauftragte Sportlehrer Manolo führt die immer noch optimistischen Kasseler Bediensteten bei einem mehr als dreistündigen Gewaltmarsch durch die Sierra Morena an den Rand der Erschöpfung. M. und S. senden Notrufe an ihren Direktor, dieser ignoriert aber jegliche Versuche der verzweifelten Kontaktaufnahme. Julia und Sebastian versprechen unter Androhung ernsthafter pädagogischer Maßnahmen am nächsten Tag pünktlich auf dem Bahnhof Cordobas zu erscheinen.

Innenhof der königlichen Residenz von Alfonso XI.

Bereits am Nachmittag treffen M. und S. entkräftet in ihre Herberge ein. S. ist nicht mehr in der Lage, die Herausgabe des Zimmerschlüssels durch den Concierge mit Hilfe seiner deutschen Muttersprache zu verlangen und muss seine Siesta im sonnendurchfluteten Innenhof verbringen. Ein abermaliger Versuch M.s, seinen Vorgesetzten fernmündlich zu erreichen, scheitert an der Schwäche seiner Stimme. Mit nur zwei Stunden Vorbereitung hofft man, den anstrengendsten Teil der fortbildenden Exkursion erfolgreich bewältigen zu können: eine von Trini unterstützte abendliche Shopping-Tour durch die belebte City der Andalusienmetropole, welche letztendlich an der Abwesenheit eines geeigneten spanischen Kochbuches schnell zum Scheitern verurteilt ist.

Kolumbus-Statue im Garten des Alcazar

Die von Paco eingeladene illustre Runde der Abendveranstaltung bildet den Rahmen des Höhepunktes der gesamten Reise. Nur der gesammelten sozialen Kompetenz des deutschen Lehrkörpers und der Auferbietung aller Disziplin ist es zu verdanken, dass das Soiree nicht aus den Fugen gerät. Die Tapas des spanischen Schulleiters sind an Köstlichkeit kaum zu überbieten, insofern der heißhungrige und wohl zugelaufene Hund des Gastgebers namens „Harry Potter“ sie nicht schon nach einem beherzten Sprung auf die Anrichte in der Küche vertilgt.

Nach der Demonstration seiner Fahrkünste in der angemieteten Tiefgarage liefert Paco die Kasseler Pädagogen lächelnd in einer Nachtbar in der Altstadt ab. Orientierungslos finden sich diese schon damit ab, ihre letzte Nacht in Spaniens Subkultur zu verbringen, als sie durch einen lächerlichen Zufall doch noch den verborgenen Eingang zum Hotel „Gonzales“ finden. Die Concierge lächelt…

Freitag, 22. April 2005
Der Tag der Abreise ist gekommen. Mittlerweile routinemäßig bestellen M. und S. ihren Kaffee mit Milch, diskutieren mit dem muskulösen Zimmermädchen auf katalanisch über den neuen Papst und entkommen einer Gewaltandrohung derselben nur knapp. Wie gewohnt sind Julia und Sebastian spanisch (also zu spät) am Bahnhof, was von M. überraschenderweise mit einem Lächeln elegant ignoriert wird.

Julia und Sebastian bei ihrem Vortrag

Der Tag wird in Sevilla verbracht. Die unübersichtliche Stadt und die Angst vor dem Verlassenwerden lässt Julia und Sebastian nicht mehr von der Seite ihrer Protektoren weichen. Als S. und M. sie endlich doch abschütteln können, zögert Julia keinen Moment länger, sich ihrer nahezu pathologischen Kaufsucht hinzugeben. Sebastian hingegen weiß bereits, wie er sein am Mann geführtes Bares gewinnbringend anlegen kann. Trotzdem lässt er die digitale Kamera des Comenius-Projektes einem bedürftigen Taxifahrer zukommen; eine Entscheidung, die er jedoch kurz danach wieder bereut und unter Gewalteinwirkung rückgängig macht.

Stierkampfarena von Sevilla

Der Lunch auf den Flügen von Sevilla nach Mallorca und von da aus weiter nach Paderborn lässt zu wünschen übrig – vermutlich der Grund, weswegen die überfreundliche Stewardess lächelt und durch positive Gesten versucht, eine entspannte Atmosphäre zu begünstigen. Diese vermag sie jedoch auch unter Auferbietung aller Empathie bei Lehrer S. nicht zu erzeugen; er klammert sich bei einer Rechtskurve des Flugzeugs über Paderborn an die Rückenlehne des Vordersitzes, lässt diese bis zur Landung nicht mehr los und kann sich allenfalls noch darüber freuen, dass es anderen Menschen an Bord noch schlechter geht .
In Paderborn sind es gleich 25° Celsius weniger als in Sevilla. Das Lächeln vergeht den Botschaftern des Goethe-Gymnasiums…

P.S.: Trotz aller geschildeter Mühsal der Reise hört man im Kollegium, dass sich die Kollegen S. und M. durchaus eine Karriere als Reiseattache des Goethe-Gymnasiums vorstellen können und bereits Pläne für eine regelmäßige Schulpartnerschaft mit Cordoba ausarbeiten. Langfristig ist zudem in Cordoba die Gründung einer deutschen Schule beabsichtigt, wobei die Schulleitungspositionen angeblich schon vergeben sind.