Impressionen einer Dienstreise

Ein Bericht von Lehrer M. und Lehrer S. (30.04.2005 12:54)

Das europäische Comenius-Projekt führte eine Delegation des Goethe-Gymnasiums, bestehend aus einer Schülerin und einem Schüler sowie zwei Lehrern, ins südspanische Cordoba. Dort wurden mit den Partnerschulen aus Ronde (DK), Banbury (GB) und Cordoba Ergebnisse ausgetauscht und weitere gemeinsame Vorhaben geplant. Den offiziellen Bericht – die Cordoba-Akte – hält Schulleiter Gries schon in seinen Händen, den inoffiziellen und geheimen gibt es hier exklusiv bei Umlauf-online!
Die Namen wurden aus verständlichen Gründen geändert.

Julia, Sebastian und Lehrer M. auf dem Flughafen Paderborn

Sonntag, 17. April 2005
Lehrer M. hört seinen Wecker um 7.00 Uhr und ist sofort hellwach – was, wenn das Flugzeug nicht kommt, Lehrer S. eine Autopanne hat und Sebastian wie immer zwei Stunden verspätet am vereinbarten Treffpunkt eintrifft? Um 8.36 Uhr kann er zum ersten Mal aufatmen: Nur Julia ist sechs Minuten zu spät…das Comenius-Projekt des Goethe-Gymnasiums ist somit fast gerettet.

Bahnhof Sevilla – 30°

Die Anreise nach Cordoba verläuft wider Erwarten problemlos. Nach einer gewissen Mattigkeit bei allen Beteiligten, einem sogenannten „Luftloch-Herzstillstand“ bei Lehrer S. und 40° Grad Celsius im brandneuen E-Zug von Sevilla nach Cordoba werden Julia und Sebastian bei ihren Gasteltern in der ehemaligen Maurenstadt abgeliefert. Beide fügen sich in ihr ungewisses Schicksal. Lehrer S. wird von Lehrer M. gezwungen, den ganzen Abend auf Englisch zu kommunizieren und wird eindringlich vor Aussprachefehlern und in die Irre führender Wortwahl, die das Projekt gefährden könnten, gewarnt. Beide nicht unumstrittenen Kasseler Pädagogen fallen spät in einen todesähnlichen, traumlosen Schlaf.

Montag, 18. April 2005
Briefing am Frühstückstisch, bei dem M. noch einmal detailreich auf die Notwendigkeit hinweist, die Projektgruppenmitglieder aus Spanien, England und Dänemark nicht zu beleidigen, ansonsten zu lächeln und mit positiven Gesten eine entspannte Atmosphäre zu verbreiten. Der andalusische Kaffee beschert S. daraufhin fast eine erneute Herzrhythmusstörung.

Recherche: Wo sind die Discos in Cordoba?

M. ist zunächst nicht bereit, den durch einen Eisenzaun erschwerten Zugang zur Schule zu akzeptieren. Die Einfriedung befremdet auch alle anderen Pädagogen. Die zerstreute Leichtigkeit des spanischen Schulleiters (alle Schüler nennen ihn Paco) scheint aber alle Bedenken zu zerstreuen. Das in der Schule bereitete Mittagsmahl – um 15.30 Uhr – geht traditionell in den Konsum von leichtem Bier und Rotwein über. M. und S. übernehmen diesen spanischen Brauch spontan und verbünden sich mit ausgewählten Bediensteten der schuleigenen Cafeteria. Eine dänische Kollegin entwendet mehrere Plastiklöffel für ihren anschließenden Rucksackurlaub in Malaga.

Paco und Trini, die spanischen Comenius-Projektleiter

Um 18.00 Uhr rechnet niemand mehr mit der eigentlich geplanten Arbeitsphase, sie findet dennoch statt. Der Spanier an sich scheint sich auf der Grundlage einer üppigen Mahlzeit äußerst wohl zu fühlen. Nicht alle europäischen Partner teilen diese recht südländische Einstellung. Die englische Pädagogin aus Banbury lächelt und versucht mit positiven Gesten eine entspannte Atmosphäre zu begünstigen. Ihr Briefing war erfolgreich. Ein von Paco inszenierter Nachtspaziergang durch die Altstadt von Cordoba schweißt die Gruppe zusammen. Auch Paco lächelt…

Dienstag, 19. April 2004
Enrique, der Geschichtslehrer der spanischen Schule, scheint sich monatelang auf diesen Auftrag vorbereitet zu haben: Die Führung durch die gigantische Mezquita wird zu einer Vorlesung über muslimische Bogengänge, arabische Kapitelle und gemütskranke Kalifen. Die übersetzende Assistenzlehrerin aus Schottland improvisiert geistesgegenwärtig, während M. sich von der Gruppe absetzt, die Schatzkammer der Moschee findet und mit dem Ober-Muezzin den Preis eines byzantinischen Goldkreuzes zu verhandeln beginnt. Derweil erregt S. die Aufmerksamkeit eines 85-jährigen Kirgisen, indem er ihn auf Englisch mit den Vorzügen seiner digitalen Kamera vertraut macht. Beide werden von einem Aufseher gebeten diesen zu begleiten, später aber wieder freigelassen.

In der großen Mezquita (Moschee)

Die nachmittägliche Sitzung in einem Straßencafe führt zu einigen brauchbaren Ergebnissen. Paco führt die Gruppe am Abend in die geheimnisvolle Welt der modernen spanischen Küche ein. Einige Rezeptvorschläge: Mini-Aale mit Pasta al dente (M. trägt es mit Fassung), Tintenfische in Distelrisotto (S. lächelt) und Blutpastete in Balsamicosauce (Trini muss es als Einheimische ja wissen). Der Austausch von grammatikalischen Gemeinsamkeiten der dänischen, deutschen, spanischen und englischen Sprache erzeugt allgemeine Kontemplation und Transzendenz (Vertiefung und Erweiterung, der Setzer).
Habemus papam! Eine englische Tageszeitung titelt am nächsten Tag: „God’s rottweiler becomes pope!“ S. träumt zum ersten Mal ausschließlich in englischer Sprache.

Christina und Arne aus Dänemark, Lehrer S.

Mittwoch, 20. April 2005
Nach dem immer gleichen Frühstück – nur der Kaffee wird immer stärker – holt Enrique zu einem weiteren Coup aus. Der Versuch, alle wissenschaftlichen Ergebnisse zu einer archäologischen Ausgrabung eines alten Kalifenpalastes innerhalb eines Vormittags zu präsentieren, wird von seiner eigenen mitgereisten Schulklasse erfolgreich unterlaufen. Zur Strafe wird die Klasse zurückgeführt und bis zum Einsetzen der 30°-Temperaturgrenze im Sonnenhof von halbstündlich abwechselnden Lehrern beschult. M. lächelt und versucht mit positiven Gesten eine entspannte Atmosphäre zu erzeugen. Dieses Verhalten wird irrtümlich mit dem Besuch einer weiteren historischen Einrichtung Cordobas belohnt.

Arne, Paco und Trini

Sebastian und besonders Julia schwelgen in den Erinnerungen des Besuches eines arabischen Bades vom Vortag. Ein Heiratsantrag des offensichtlich unter Drogen stehenden Masseurs ist von Julia schroff zurückgewiesen worden. Auch Sebastians diesbezügliches Ersatzangebot entschärft die heikle Situation nicht wesentlich. Trini, die Lehrerin mit der Blutpastete, ist von den Kochkünsten ihres Ehemannes so überzeugt, dass sie diesen zur Bereitung eines Abendessens für die Comenius-Gäste nötigt. Alle Teilnehmer des Projektes reisen daraufhin ab. Lediglich M. und S. stellen sich der Herausforderung eines weiteren spanischen Nachtmahls. Beide lächeln und versuchen durch positive Gesten eine entspannte Atmosphäre zu begünstigen.
Später am Abend: Trinis Mann ist ohne Zweifel ein begnadeter Koch. Sympathiebeweise sind deswegen nicht nötig. Geistesgegenwärtig lehnt Lehrer M. ein ihm angebotenes Rauchwerk, welches scheinbar in den Dörfern außerhalb von Cordoba produziert wird, mit aller Entschiedenheit ab und rettet seinen Kollegen hiermit selbstlos vor einer nicht zu bestehenden Zollkontrolle. Aber das war nicht alles!

Den zweiten Teil dieser spannenden Reise könnt ihr in der nächsten Woche hier an gleicher Stelle weiterverfolgen.