Lernschwester Heiderose D.Schicksal zwischen Mull und Macht – Folge 1

Ein Fortsetzungsroman von unserer ehemaligen Redakteurin Claudia Müller (Fortsetzungsroman)

Das laute Schrillen des Weckers zerriss die morgendliche Stille.
Erschreckt öffnete ich die Augen und wollte aus dem Bett springen, als mir sogleich einfiel: „Es ist soweit! Heute beginnt ein neuer Lebensabschnitt!“ Mein Herz begann zu flattern wie ein ängstliches Vögelchen, denn in zwei Stunden sollte ich in der kleinen, exklusiven Privatklinik „Vitaquell“, frei übersetzt „Lebensborn“, meine Ausbildung als Lernschwester beginnen.

Vielleicht folgt jetzt endlich ein neuer Lebensabschnitt

„Sei ruhig, mein. kleines, banges Herz“, so redete ich mir immer wieder selbst Mut zu, während meine Blicke unruhig durch mein spärlich möbliertes Zimmer schweiften.

Als Waisenkind aufgewachsen, nie die Liebe und Fürsorge warmherziger Eltern kennen gelernt habend, war es mir nicht möglich gewesen, einen bescheidenen Wohlstand zu erlangen. Wieviel Schicksalsschläge hatte mein zwanzig jähriges Leben bereits verkraften müssen?! Meine Mutter war im Kindbett verstorben, meinen Vater habe ich nie gekannt. Meine ganze Kindheit und Jugend verlebte ich Im Waisenhaus, wo ich von sehr hartherzigen Schwestern lieblos großgezogen wurde. Wie oft weinte Ich mich In den Schlaf vor Sehnsucht nach einem lieben Blick, einer tröstenden Hand. In diesen einsamen Stunden wuchs in mir der Wunsch, anderen Menschen zu helfen, Kranke zu pflegen.Trauer beschlich mein Herz, als Ich daran dachte, wie allein ich auf dieser Welt war. Doch plötzlich spürte ich ein feuchtes Naschen an meiner Hand, die kraftlos über den Bettrand hing. “Desirée, du schwarzes Kuschelpelzchen“, entfuhr es meinen Lippen, und ich war unendlich erleichtert, dass ich ganz so einsam doch nicht war, denn mein Perserkätzchen hatte mir schon über viele einsame Tage und Nächte hinweggeholfen.Als ich schließlich auf meinem wackeligen, mit kiwigrünem Plüsch bezogenen Frisierhockerchen saß, blickten mir aus dem halbblinden Spiegel zwei weit aufgerissene, jeansblaue Augen fragend entgegen, und wie von selbst formten meine Lippen diese Frage: „Wird dieser neue Lebensabschnitt die Erfüllung bringen, nach der mein Herz so lechzt?“Als ich wenig später die Treppen zur Klinik emporstieg, hatte ich Mühe einem Zittern, das meinen Körper wie ein sanftes Beben durchfuhr und Ursprung in meiner Aufregung fand, Herr zu werden.

Am Eingang wurde ich sogleich von Oberschwester Thea empfangen, die mich von oben bis unten musterte, dann aber doch freundlich sagte: „Gehen wir zum Professor!“Und schon standen wir in einem gediegenen, aber teuer ausgestatteten Chefarztzimmer. Die dunklen, seidig glänzenden Mahagonimöbel und die braunbärenfarbene, schwere Ledergarnitur verliehen dem Zimmer eine vornehme Behaglichkeit. Hinter einem voluminösen Schreibtisch saß mein zukünftiger Chef: Professor Dr. Cornelius Knorr. Im sanften Lieht der Schreibtischlampe fiel mir sofort sein edles griechisch-römisches Profil auf. Seine eisgrauen Schläfen, die mich an das Packeis der Antarktis erinnerten, standen In krassem Gegensatz zu seinem noch jugendlichen Antlitz. Oberschwester Thea hatte bereits das Zimmer verlassen, als Professor Dr. Knorr mit elastischen Schritten und ausgestreckter Hand, ein verbindliches Lächeln auf den markanten Lippen, auf mich zukam. „Herzlich willkommen, liebe Heiderose, Sie erlauben doch, dass Ich meine zukünftige Lernschwester beim Vornamen nenne?“ scherzte er. Seinen warmen Händedruck spürte Ich im ganzen Körper.

Wird Heiderose wirklich endlich ihre Erfüllung finden, und wenn ja. durch wen? Wird diese Begegnung einen entscheidenden Wendepunkt in ihrem bisher doch so tristen und freudlosen Dasein markieren? Oder sind diese Anzeichen trügerisch?

Dies alles erfahrt ihr in der nächsten aufschlussreichen und schicksalhaften, zugleich aber auch überraschungsträchtigen und dramatischen Folge von: „Heiderose D. – Schicksal zwischen Mull und Macht“ in unserer nächsten UMLAUF Online-Ausgabe ab Freitag.