Lernschwester Heiderose D.Schicksal zwischen Mull und Macht – Folge 2

Ein Fortsetzungsroman von unserer ehemaligen Redakteurin Claudia Müller (Fortsetzungsroman)

Erinnert Ihr Euch noch? Für die als armes Waisenkind aufgewachsene Heiderose D. beginnt ein neuer Lebensabschnitt: Beim Start in die Ausbildung begegnet Heiderose erstmals ihrem Chef Prof. Knorr.

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Unruhe durchströmte mich, als mich seine umbrafarbenen Augen warmherzig musterten

Seinen warmen Händedruck spürte ich im ganzen Körper. Ein nie gekanntes Gefühl des Glücks, aber auch der Unruhe durchströmte mich und ließ meine Wangen in flammender Röte aufleuchten. Trotzdem bröckelte ein Felsen der Erleichterung von meinem Herzen, weil ich mich in meinen Erwartungen so angenehm getäuscht hatte. Statt eines „Halbgottes in Weiß“ sah ich mich einem attraktiven Mittvierziger gegenüber, dessen umbrafarbene Augen mich warmherzig musterten, als er sich mir nun auch vorstellte: „Professor Dr. Cornelius Knorr, Ihr zukünftiger Chef, an den Sie sich jederzeit vertrauensvoll wenden dürfen.“ „Prof. Knorr“, wiederholte ich leise seinen Namen, und im stillen dachte ich: „Könnte es sein, dass dieser, mein Chef, Prof. Knorr, ein Nachkomme der berühmten Suppen- und Soßendynastie ist?“

Gerade hatte Prof. Knorr mir meine Ausbildung erläutert, als eine schwarzgelockte Mittdreißigerin mit der sportlich-durchtrainierten Figur einer Martina Navratilova das Zimmer betrat und mit klarer und doch klirrender Stimme ausrief: „Cornelius, störe ich?“ Doch dabei saß sie schon auf der Lehne seines Sessels und legte besitzergreifend ihren Arm um seine Schultern. Die Brillanten an Ihrer Hand blitzten mit ihren eiskalten, gletscherblauen Augen um die Wette, als sie mich arrogant fragte: „Müsste ich Sie kennen?“ Fast gleichzeitig erhob sich Prof. Knorr, wobei er unwillig ihren schlanken, aber doch muskulös wirkenden Tennisarm abstreifte. Ich bemerkte auf seiner breiten Denkerstirn eine Ader, die leicht hervorgetreten war, und spürte fast körperlich seinen Unwillen.
Barsch herrschte er sie an: „Ich bitte dich, Verena!“ Als er sich mir wieder zuwandte, glaubte ich zu sehen, wie der unwillige Blick einem sanften Leuchten weichen musste. „Das, liebe Heiderose, ist meine langjährige Mitarbeiterin, Frau Dr. Verena Bausch, meine fähige Anästhesistin. Und hiermit stelle ich dir, Verena, unsere neue Lernschwester Heiderose Demut vor.“ Mit zu einem Spalt zusammengekniffenen Augen, in denen ich nichts als Hass zu lesen glaubte, sah mich die schwarzgelockte Anästhesistin an. „Warum, fragte ich mich, traf mich dieser böse Blick? Spürte Dr. Bausch etwas von diesen in mir neu erwachten Gefühlen, die gleich einer aufbrechenden Rosenknospe in mir erblühten?“

Einige Monate war ich nun schon als Lernschwester in „Vitaquell“ und hatte viel gelernt und erlebt. „Komm, Désirée, mein Kuschelpelzchen, lass Dir von meinem Glück erzählen. Wem sollte ich sonst meine geheimsten Gedanken und Sehnsüchte mitteilen? Wie klug du schaust mit deinen smaragdgrünen Äuglein. Ich glaube, Du verstehst, wie sehr mein Herz entflammt ist für meinen Chef Cornelius Knorr. Oh, Désirée, wie schön kann Liebe sein! So sehr ich bisher Blitz und Donner fürchtete, gestern nacht bat beides mir Glück gebracht.

Wem soll ich sonst meine geheimen Gedanken und Sehnsüchte mitteilen?

Oh, Désirée, noch heute spürte ich seine starken Arme, die mich plötzlich umfangen hielten, als ich beim Nachtdienst in panischer Angst vor Donner und Blitz in die hinterste Ecke des Medikamentenzimmers geflüchtet war. War es Schicksal, war es Zufall, dass gerade zu diesem Zeitpunkt der Professor oder Conni, wie ich ihn jetzt nennen darf, ein Medikament holen wollte und mich zitternd wie ein verängstigtes Rehlein dort fand? Oh, Désirée, niemals werde ich vergessen, wie er mich zu sich emporzog, sanft und beruhigend meinen Rücken, meine Haare und meine Wangen streichelte, und wie von selbst fanden sich unsere Lippen zu einem zaghaften, dann aber doch leidenschaftlichen Kuss. „Heiderose“, hauchte Conni in mein Ohr, das zart wie eine Muschel im Mondlicht schimmerte, so sagte Conni jedenfalls. Ich glaubte, meine Beine würden ihren Dienst versagen, aber Conni hielt mich mit seinen nervigen Chirurgenhänden fest umfangen. „Was tue ich, mein Heideröslein, darf ich ein so junges Blut an mich binden?“ Ich konnte nur sagen: „Du darfst“, und wieder fanden sich unsere Lippen zu einem langen, heißen, gewitterschwülen Kuss.
Nun, Désirée, mein Kuschelpelzchen, glaubst Du an mein Glück?“
Als ich nach dieser schicksalhaften, gewittrigen Nacht zum ersten Mal wieder zum Dienst ging, klopfte mein Herz zum Zerspringen, und immer wieder stellte ich mir die Frage: Würde mein Glück auch bei Tageslicht weiterbestehen? Würde mein Professor sich auch heute noch an seine Worte von gestern erinnern?

Gerade zog ich im Schwesternzimmer meinen Kittel über, als mir jemand die Hand auf die Schulter legte.

Nun denn, wer war nur dieser mysteriöse Handaufleger? Wird nun Heideroses Glück seine Erfüllung finden oder aber wird dieses Menschenkind weiterhin vom Schicksal gebeutelt werden?
Wartet mit Spannung auf die nächste dialogreiche und von Eifersucht geprägte Folge von: „Heiderose D.- Schicksal zwischen Mull und Macht“.