7 Tage ohne Musik

Von unserer Redakteurin Marcia Weber (07.06.2009)

Erstmals wage ich mich an den Selbstversuch „7 Tage ohne Musik“. Zunächst hört sich das nicht sonderlich schwer an, doch wenn man bedenkt, auf wie viele Arten wir von der Musik im Alltag bewusst oder unbewusst begleitet werden, sieht man den Schwierigkeitsgrat dieser Aufgabe mit ganz anderen Augen.

 

7 Tage ohne meinen Ipod, eine schwere Zeit.

Auch ich habe anfangs nicht mit Komplikationen gerechnet und mich gleich im Anschluss an die letzte Redaktionssitzung an die musikfreie Woche gewagt. Erste Probleme traten jedoch schon am zweiten Tag auf: Laute Ghettoblaster auf dem Basketballplatz. Nun gut, damit hatte ich weder gerechnet, noch war ich auf einen solchen Fall vorbereitet und brach folglich meinen ersten Versuch dort ab.

Nun wußte ich, dass ich mich vorher besser darauf vorbereiten musste. Ich versuchte es einige  Tage später also erneut.  Mein geliebter Ipod war bereits sicher im Schrank verstaut, meine Familie und Freunde waren vorbereitet. Ich selbst war völlig motiviert und vom Ehrgeiz gepackt. Eigentlich dürfte nichts schief gehen…

 

Der erste Tag begann verspätet. Da ich mich nicht von meinem musikspielenden Handy wecken lassen konnte, hatte ich am Abend zuvor meinen alten Wecker rausgekramt. Nur hat dieser leider nicht ganz so funktioniert, wie ich es mir vorgestellt habe, will sagen: Ich habe prompt verschlafen! Als ich mich dann endlich aus dem Bett gequält hatte, musste ich auch noch ohne Musik in die Gänge kommen. Alles dauerte viel länger und selbst das Frühstück schmeckte ohne Radio irgendwie schlechter als sonst. Doch noch seltsamer wurde mein Weg zur Schule. Alles um mich herum kam mir viel stiller und verschlafener vor, und ich achtete plötzlich viel mehr auf die Menschen um mich herum.

Das nächste Hindernis stellte mir dann der Englisch-Unterricht in den Weg. Ausgerechnet in meiner Woche ohne Musik mussten wir zwei Songs hören und analysieren. Schade, schade, doch nachdem ich den Lehrer über meine Testphase informierte, musste ich leider den Klassenraum verlassen 😉 Die Chor-Proben am Nachmittag fielen für mich dadurch für den heutigen Tag ebenfalls ins Wasser – na, das konnte ja noch was werden.

Für den zweiten Tag hatte ich mir nichts Großes vorgenommen, denn ich hatte bereits festgestellt, dass es nur von Vorteil war, nicht allzu viel zu planen, da ohne Musik vieles viel weniger Spaß macht! Im Kunstunterricht wurde mir bewusst, dass ich ohne Musik viel unmotivierter und unkreativer war. Bei meinem Kunstbild fiel es mir total schwer, einen Drachen zu zeichnen. Auch in der anschließenden Religionsarbeit konnte ich mich einfach nicht richtig konzentrieren. Während dieser Arbeit fiel mir zu jedem Wort was ich schrieb ein Lied ein. Ständig spielten sich irgendwelche Melodien in meinem Kopf ab. Als ich am Abend auch noch den Ton meiner Lieblingssendung im Fernsehen ausstellen musste, bereute ich es, mich für diesen Selbstversuch zur Verfügung gestellt zu haben.

 

Auch der dritte Tag brachte kaum Freude mit sich. Es war ein  Donnerstag und die Sonne schien. Alle waren gut gelaunt. Alle außer mir. Ich wollte einfach nur noch zu meinen Ipod, ihn einschalten und die Musik genießen und auf mich einwirken lassen. War ja klar, dass meine Nachbarin und Klassenkameradin, mit der ich täglich in die Schule und wieder zurück fahre, ausgerechnet diese Woche krank sein musste. Ich musste somit fast alle Wege allein bewältigen, ohne Unterhaltung und ohne Musik. Auch von dem Unterricht des Tages bekam ich kaum etwas mit. In Gedanken war ich vielmehr bei meinem Ipod und stellte mir die Frage, wie er sich wohl in meinem Schrank fühlt.

 

Musik, für viele einfach unverzichtbar

Am vierten Tag glaubte ich, mich mit meinem Schicksal abgefunden zu haben und redete mir ein, dass alles super sei.  Auch meine Laune besserte sich ein wenig, denn ich versuchte, mich auf die Vorteile meines Lebens ohne Musik zu konzentrieren und sie herauszufiltern. Ich beobachtete die Menschen intensiver als sonst, bekam mehr vom Geschehen um mich herum mit, belauschte andere Gespräche und stellte fest, dass es diese lächerliche: „Wir begrüßen sie in der Linie 3“ -Computerstimmen-Begrüßung in der Bahn noch immer gab.

Am Nachmittag sollte mein Vater mich zu Freunden fahren. Nachdem wir die Fahrt-Formalitäten über das An- oder Ausbleiben des Autoradios ja bereits im Vorfeld abgesprochen hatten, kam ich schließlich ohne Musikberieselung dort an. Da sich jedoch der größte Teil unseres Gesprächesstoffes an diesem Nachmittag auf meine musikfreie Woche bezog, wurde mir plötzlich bewusst, dass ich fast schon vier Tage gemeistert hatte und ich  freute mich auf den Tag, an dem ich meinen Ipod wieder aus dem Schrank hervorholen konnte.

Am späten Abend war ich wieder zu Hause. Meine Familie war im Garten und ich somit allein in der Wohnung. Ständig quälte mich der Gedanke, zum Ipod zu greifen. In meinem Kopf schwirrten Engelchen und Teufelchen. Das Engelchen wollte mir einreden, selbstdiszipliniert zu bleiben und das Teufelchen wollte mich zum Abbruch bringen.
Nach etlichem Zögern habe ich aber auf das Teufelchen gehört, denn es hatte die durchaus besseren Argumente. Traurig, den Versuch abgebrochen zu haben und froh, meinen Ipod wieder in den Händen zu halten, endete mein Tag. Ich schlief mit gemischten Gefühlen ein, einerseits war ich enttäuscht von mir selbst und andererseits dachte ich mir: „Was soll’s?“

Meiner Meinung nach ist es sehr schwer, ja nahezu unmöglich, in unserer Zeit ein bewußt  musikfreies Leben zu führen. Auch wenn man nicht ständig mit Stöpseln in den Ohren herumrennt, begegnet man der Musik doch fast zu jeder Zeit und an vielen Orten:  In der Wohnung, in der Kirche, im Kaufhaus, auf der Straße und schließlich auch in der Schule.
Musik vertieft, verbindet und macht lebendig. Sie vertieft die Sinne, indem sie sensibiliisiert, sie verbindet die Menschen, indem sie harmonisiert, und sie macht lebendig indem sie beruhigt.

Für mich, und das habe ich bereits in den wenigen Tagen eindeutig erkannt, ist  Musik ein Lebenselixier, ohne das mein und dein und unser aller Dasein sehr viel ärmer, wenn nicht sogar nahezu jämmerlich wäre.