Alles Lüge?

von unserem Redakteur Marco Sivori (23.12.2006 14:03)

Kurz vor Weihnachten steigt die Spannung der meisten Kinder. „Was bekomme ich wohl?“ und „Kriege ich alles, was ich mir gewünscht habe?“, gehören wohl zu den häufigsten Fragen an diesen Tagen. Aber irgendwann kommt jedes Kind in das Alter, in dem es sich die Frage stellt: „Wer bringt mir eigentlich die Geschenke?“

Es war zwei Wochen vor Weihnachten und alle Kinder freuten sich auf das Fest. So auch der kleine Jonas, der morgens freudig aus dem Bett sprang, zu seinem Adventskalender rannte und ein weiteres Türchen öffnete, bevor er sich auf den Weg zu seiner Grundschule machte. So war es auch dieses Jahr. Doch irgendwas war diesmal anders, dachte sich Jonas. Irgendetwas störte ihn diesmal bei dem Gedanken, an Heiligabend in die Kirche zum Krippenspiel zu gehen und bei der Rückkehr viele Geschenke unter dem Weihnachtsbaum zu finden. Vielleicht lag es daran, dachte Jonas, dass er vor einigen Wochen noch mit einer Erkältung im Bett gelegen hat… oder es lag doch noch an etwas anderem.

Vielleicht lag es ja an dem, was er letzte Woche in der Schule erfahren musste. Es war Mittwoch gewesen. Wie immer war Jonas in die Schule gegangen, hatte zu Beginn Sport, dann Religion und dann Unterricht bei seiner Klassenlehrerin, ein ganz normaler Tag halt, bis…..bis die Lehrerin die Mitschüler gefragt hatte, was sie sich denn vom Weihnachtsmann wünschen würden. „Gar nichts!“, hatte Jonas Freund Benni gerufen, „Weihnachten ist sowieso gelogen und der Weihnachtsmann erst recht!“ In der Klasse war es mucksmäuschenstill geworden, so still, dass man eine Stecknadel hätte fallen hören können. Auch Jonas‘ Lehrerin schwieg zuerst, dann fragte sie schließlich sanft: „Wie kommst du darauf, Benni?“ „Ich weiß es!“, rief dieser, „Ich weiß es, weil ich letztes Jahr gesehen habe, wie mein Vater die Geschenke unter den Baum gelegt hat!“ Keiner in der Klasse sagte etwas daraufhin. Die Lehrerin versuchte, etwas zu erwidern, doch Jonas hörte nicht mehr zu. In seinem Kopf wiederholten sich die Worte seines Freundes wieder und wieder: „Weihnachten ist gelogen…GELOGEN!!!“

Seit diesem Tag keimte in Jonas der Verdacht, dass sein Freund Benni doch Recht haben könnte und es den Weihnachtsmann wirklich nicht gibt. Viele Nächte schon hatte Jonas seitdem wach gelegen und darüber gegrübelt. Schließlich hatte er sich sogar getraut, als seine Eltern einmal nicht da waren, in deren Zimmer zu schleichen und dort nach den Beweisen zu suchen. Er hatte seitdem immer wieder Expeditionen ins elterliche Schlafzimmer unternommen, hatte fast alles abgesucht, doch bisher nichts gefunden. Mittlerweile blieb nur noch eine Möglichkeit: Wenn seine Eltern wirklich im Besitz seiner Weihnachtsgeschenke wären, dann nur auf dem hohen Kleiderschrank, denn dort waren außer Reich- und Sehweite eines Grundschulkindes.

Also wartete Jonas geduldig auf die nächste Gelegenheit, ins Schlafzimmer seiner Eltern zu schleichen. Diese bekam er auch, als seine Eltern eines Tages zu Freunden eingeladen waren und Jonas allein den Abend verbringen musste. „Sei schön lieb!“, hatte seine Mutter ihm noch zum Abschied gesagt, „und geh bitte früh ins Bett.“ „Ja, Mama“, hatte er noch gesagt, doch Jonas wusste, dass er zuerst seine Chance nutzen und auch das letzte mögliche Versteck seiner Weihnachtsgeschenke überprüfen musste, sonst würde er nicht ruhig schlafen können. Jonas wartete, bis das Auto seiner Eltern aus der Einfahrt rollte und blieb noch für ein paar Minuten in seinem Zimmer. Dann, als er sicher war, dass seine Eltern nicht doch zurückkommen würden, weil sie vielleicht etwas vergessen hatten, ging Jonas direkt ins elterliche Schlafzimmer. Er wusste, er würde nicht von allein an die Oberkante des Schrankes kommen. Also holte er aus der Abstellkammer das Leiterchen, das seine Mutter stets zum Staubwischen verwendete, und stellte es vor dem Schrank auf.

Der große Moment war gekommen. Jonas kletterte die Sprossen empor. Nun sollte es sich herausstellen, ob es den Weihnachtsmann wirklich gibt. Wer hatte nun gelogen? Seine Eltern, die ihm immer sagten, es gäbe einen Weihnachtsmann oder sein bester Freund, der meinte, es wären bloß die Eltern? Jonas erreichte die letzte Sprosse und spähte auf den Schrank. Er riss die Augen weit auf und hielt sich krampfhaft an der Leiter fest. Nun endlich bestand für ihn kein Zweifel mehr!…

Was hatte Jonas nun gesehen? Waren die Geschenke nun auf dem Schrank? Gibt es den Weihnachtsmann vielleicht doch?… Wie diese Geschichte aber ausgegangen ist, soll eurer Phantasie überlassen bleiben.

In diesem Sinne wünscht euch UMLAUF Online ein frohes Weihnachtsfest und einen guten Rutsch ins Neue Jahr!