Auf großer Reise

von unserem Redakteur Tobias Aschenbrenner (02.09.2007)

Montag bis Freitag jeden Morgen das Gleiche. Frühstücken, duschen, für die Schule fertig machen und auf zu der Bushaltestelle. Jeden Morgen begebe ich mich aufs Neue auf einen Weg, den ich mittlerweile mit geschlossenen Augen gehen könnte, meinen Schulweg.

 

Mit Bus und Bahn reisen unsere Schüler fast alle an

 

Fünfmal in der Woche verlasse ich das Haus um 7:10 Uhr, um zur Haltestelle „Ziegenhagener Straße“ der Linie 29 zu laufen. Wenn ich an der Haltestelle stehe, kann ich die Lange Straße (den Umbachsweg) sehen. Sobald der Motor des Busses aufheult, da dieser gerade von der Endhaltestelle losgefahren ist, kramen alle ihre Busfahrkarten heraus, um sie dem Fahrer zu zeigen. Wenn ich dann im Bus sitze und aus dem Fenster sehe, dann sehe ich, während der Bus die holprige Straße entlang fährt, das ein oder andere Haus meiner Freunde.

 

Kassel lädt fröhlich ein…

Schon am Leipziger Platz angekommen, kann ich das Blumenbeet bewundern, in dem das Wort Kassel mit Blumen geschrieben wurde. Wenn ich daraufhin meinen Blick von den Blumen abwende, um einige Sekunden später auszusteigen, fühle ich mich fast wie in Wilhelmshöhe, denn auf dem Bahnsteig des Leipziger Platzes steht eine Nachbildung des Herkules. Die Nachbildung soll an den „Schloss-Herkules“ in Wilhelmshöhe erinnern, der 1701 bis 1717 in Bettenhausen /Messinghof gestanden hat. Die Nachbildung des Giganten wurde auch im Ortsteil Bettenhausen angefertigt und wurde von der Werbegemeinschaft – Bettenhausen e.V. gestiftet. Ich selber komme auch aus Bettenhausen, ein Stadtteil Kassels, welcher durch Industriebranchen gekennzeichnet ist; das macht uns Bettenhäuser auch teilweise ein wenig stolz. Stolz auch in dem Sinne, eine so schöne Nachbildung des weltbekannten Herkules zu haben.

 

…mit Kultur auf dem Schulweg…

Vier Minuten nachdem der Bus uns zum Leipziger Platz befördert hat, kommt auch schon die Linie 8. Mit dieser Bahn fahre ich dann Richtung Altmarkt. Doch bis ich dort hinkomme, erreiche ich erst einmal ein paar Plätze und Gebäude, deren Geschichte mir manchmal durch den Kopf geht. Der Platz der Deutschen Einheit ist einer dieser Plätze. Er erinnert mich immer an meinen ehemaligen Erdkundelehrer, mit dem ich früher einmal die DDR durchgenommen habe. Dieser Platz wurde Platz der Deutschen Einheit genannt, nachdem die Russische Armee den Aufstand am 17. Juni 1954, der durch die Bevölkerung aus Ostdeutschland ausgelöst wurde, beendet hatte. Der Grund für diesen Aufstand war, dass die Ostdeutschen wieder mit Westdeutschland vereint sein wollten. Aus eben diesem Grund gibt es nicht nur in Kassel, sondern auch in vielen anderen Städten wie Stuttgart, Braunschweig und Wiesbaden Gedenkplätze zur deutschen Einheit. Es bleibt aber nicht genug Zeit, all die Gedanken über diesen Platz auszuführen, denn ungefähr eine Minute später passiere ich die Unterneustadt, die früher das Messegelände von Kassel war. Ich kann sagen, dass man förmlich von dem Gedanken an den Platz der deutschen Einheit weggerissen wird, denn die früheren Erlebnisse auf dem Messegelände waren sehr schön.

 

…und mit Erinnerungen an frühere Reisen.

Als ich noch ein paar Klassenstufen tiefer war, bin ich die Strecke Richtung Altmarkt auch gefahren, aber dort hat man keine Baustelle direkt nach der Fuldabrücke erblicken können, sondern ein altes Polizeipräsidium, wo Anfang der 30er Jahre noch ein Hochzeitshaus stand, welches für Festlichkeiten und Versammlungen genutzt wurde. Doch genau wie das Hochzeitshaus wurde das Polizeipräsidium abgerissen und ein neueres Gebäude gebaut. Heute wird dort an dieser Stelle ein Finanzzentrum gebaut, welches sich zwischen Altmarkt und dem Flusslauf der Fulda befindet.

 

Die Luftaufnahmen wirken spektakulär

Der Altmarkt, der direkt an das Gebäude angrenzt, war früher sehr wichtig und wird oft als historische Keimzelle Kassels bezeichnet. Wahrscheinlich auch weil der Altmarkt eine der ersten modernen Straßenkreuzungen Deutschlands war. Das in absehbarer Zeit hoffentlich ansprechend gestaltete Finanzzentrum wird ca. Ende 2008 fertig sein, so dass Anfang 2009 schon die ersten Finanzämter ihren neuen Platz am Altmarkt einnehmen können.

All diese Dinge gehen mir manchmal durch den Kopf, wenn ich auf meinem Schulweg an dem einen oder anderem Gebäude vorbeikomme, und dann muss ich immer an die Vergangenheit zurückdenken, wie es früher, als ich noch ein Kind war, ausgesehen hat.