BRAVO – eine Jugend-Zeitschrift geht online

(21.08.2001 22:30)

Mit einem kleinen dünnen Heftchen fing alles an. Es folgte die eigene TV-Show und nun die eigene Website. Die Rede ist ausnahmsweise mal nicht vom UMLAUF – die Rede ist von der Bravo. Die auf der ganzen Welt bekannte Zeitschrift hat nun auch eine Deutsche Website: www.bravo.de lautet der neue virtuelle Treffpunkt für junge Teenager.

Schon wenn sich der User anmeldet, steigt die Spannung, aber auch die Ungeduld, weil Bravo offensichtlich einen Geheimvertrag mit der Telekom ausgehandelt hat zum Leidwesen der Telefongebühren zahlenden Eltern. Dafür kann der Bravo-Fan viele Informationen über sich preisgeben und Fragen beantworten, wie man sie aus den „Das sind meine Freunde“ – Büchern aus der fünften Klasse kennt. Zum Beispiel: „Ich liebe es…“ oder „ich habe Angst vor…“ oder „Ich höre am liebsten…“.

Sind die Informationen gespeichert, bekommt der User seine eigene Visitenkarte, auf der alle Vorlieben und Eigenschaften für alle flirtbereiten Bravo.de-Besucher sichtbar sind.

Es gibt einen internen Chat, dem User wird eine Mailbox zur Verfügung gestellt und natürlich gibt es nach wie vor den alt bekannten Freund und Helfer Dr. Sommer, der hier nicht nur ein Mal pro Woche nützliche Tipps und Informationen für geschlechtsreife Teenager auf Lager hat, sondern in einem Archiv sämtliche wichtigen jemals gestellten Fragen online aufgelistet hat.

Durch übersichtliche Gestaltung fällt es dem User nicht schwer, sich mit Hilfe einer oberen Navigationsleiste und einem Inhaltsfenster am linken Rand durch die Themen der Online-Ausgabe zu klicken.
Für die Fans, deren Leistungen in der Schule eher nachlassen, werden alternative Karrierewege eröffnet: Talent 2001! Preise im Gesamtwert von 100.000 DM werden angepriesen. Und wer mitmacht gewinnt entweder den „megacoolen Cityflitzer für 3800 DM“, das „Edel-Dessous, supersüß in frischen Farben von Speidel für 52 DM“ oder die bekannten Trostpreise. Während der Prolo seine Nachmittage auf dem Fußballplatz verbringt, bietet Bravo doch eher Angebote von anderem Kaliber: Teilnahme am Comet Medienpreis von VIVA und ZDF in Köln, das Quietsche-Enten-Rennen bei Rheine und nochmals in Köln die Pop-Komm, die weltweit größte Musikmesse.

Natürlich ist die Bravo via Internet immer aktueller und kann mehr als nur ein Mal wöchentlich für alle Leser berichten, wie das Single-Leben von Jessica Simpson weitergeht oder warum O-Town so sexy ist . Inhaltlich setzen die Bravo-online-Redakteure also weiterhin auf das Erfolgskonzept ihrer Printausgabe: Musik, Mode, Stars, Trends und das große L.

Wozu aber das Medium Internet nutzen, wenn man in der Zeitschrift all das findet, was auch online zu finden ist? Und, bis man via online alles gelesen hat, ist das Geld für die Printausgabe nicht schon längst überschritten? Muss also auch Bravo jetzt auf aktuellere Medientrends setzen, um ihre Zielgruppe nicht zu verlieren? Und welche Konsequenzen hat das noch?

Beklagten sich Eltern früher noch über zu großen Video- und Fernsehkonsum ihrer Schützlinge, steht heute stattdessen das Internet mit auf Platz 1 der „Nörgelliste“. Auch die Bravo-Redaktion weiß das, beschäftigt sie sich doch ausschließlich mit den Opfern der „Nörgelliste“ – den Teenagern und versucht durch ihren Webauftritt weniger, den Streit zwischen Alt und Jung zu verhindern, als ihn eher zu verschärfen, und das nur aus Eigennutz, um mehr Kinder und Jugendliche in ihren Bann zu ziehen.

Aber nicht wir, sondern die Bravo-Redaktion muss sich aufgrund ihrer Website Sorgen machen, dass ihre Zeitschrift sehr viel weniger über die Ladentheke wandert als bisher, zumal es praktischer ist für Jugendliche, bei einem Problem nicht immer 30 Ausgaben der Bravo kaufen zu müssen, sondern sich schon nach einigen Mausklicks auf Dr. Sommers Internetseite wiederfinden.

Bleibt nur noch abzuwarten, in welcher Form sich Bravo als nächstes zurückmeldet, wenn ihre Zielgruppe sich mal wieder für die neuste Spielkonsole interessiert.
Vielleicht ein Konsolenspiel, womit der Teeny sich mit Zettel und Stift auf Autogrammjagd begibt? Oder gewinnt derjenige, der als erster eine Signatur von Robbie Williams bekommt? Interessant scheint mir, bei welcher Signatur dann „Game Over“ ist.