Dancer in the Dark

(17.11.2000 17:23)

Dunkelheit… Geschlagene fünf Minuten starre ich auf die schwarze Leinwand vor mir. Hatte ich nicht eben noch das Gefühl, der Film würde jede Sekunde anfangen? Missmutig stopfe ich mir noch eine handvoll Popkorn in den Mund. Und was ist das überhaupt für eine Musik? Naja, klingt irgendwie gut… Hmmm… schön diese Musik… Ein grelles Licht reißt mich aus meinem Dämmerzustand, die Musik verstummt, der Film beginnt. Und schon nach den ersten zehn Minuten wird deutlich, dass dieser Film etwas besonderes ist; dass er einen Zauber entfalten wird, der den üblichen Hollywood-Großproduktionen irgendwie fehlt: Diese so ganz unheldenhaften Charaktere, die bis in die letzte Nebenrolle wunderbar besetzt, ihrem Schicksal nicht entkommen können.
Diese Musik… Diese Björk! Ja, wer diesen Film gesehen hat, mag er ihm nun gefallen haben oder nicht, sei er nun schon ohnehin ein Fan von ihr oder kann er mit ihrer Musik ungefähr soviel anfangen, wie ein Hund mit einer Katze (ich persönlich habe für mich immer letzteres in Anspruch genommen..), der wird denken: diese Björk!
Ungeachtet der Handlung des Filmes, welche jedoch ebenfalls sehr bewegend und tiefgreifend ist, spielt sie in diesen 139 Minuten Catherine Deneuve glatt an die Wand: Sie singt, tanzt und gewinnt sämtliche Herzen für sich.
Die Story: Die fast blinde Selma (hinreißend: Björks kindlicher Charme!) lebt mit ihrem kleinen Sohn in einer Wohnung im Washington der 60er Jahre, die ihr ein nettes reiches Ehepaar vermietet. Jeden Morgen fährt sie mit dem Fahrrad zur Arbeit in eine Fabrik, um sich dort an einer Stanzmaschine abzurackern. Sie weiß, dass sie am Erblinden ist und dass diese Krankheit in ihrer Familie liegt. Und so spart sie all ihr Geld, um ihrem Sohn zu seinem 13. Geburtstag die notwendige Operation bezahlen zu können, die ihm sein Augenlicht retten würde.
Die Zeit wird knapp und die Arbeit ist hart, doch in all den Widerständen, die sie bis an den Rand der Verzweiflung treiben, bleibt ihr noch eine Hoffnung: die Musik!
Sie hört sie überall: im rhythmischen Stampfen der Maschinen, in einer vorbeiratternden Eisenbahn, ja selbst im hektischen Kratzen eines Bleistifts über ein Stück Papier… Und dann träumt sie wunderschöne Träume, von Musik und Tanz, von Harmonie und Sorglosigkeit.
Und auch wenn von diesen Träumen am Ende nichts mehr übrigbleibt, so bleibt doch die Musik. Und gern möchte man dieser Selma glauben, wenn sie singt: „I´ve seen…“, denn sie sieht mit dem Herzen.
„Dancer in the Dark“ ist ein modernes Filmmusical, das erst durch die grandiose Björk zu leben beginnt und das sich die goldene Palme und den Preis für die beste Darstellerin beim Filmfestival von Cannes redlich verdient hat. Lars von Trier („Breaking the Waves“, „Idioten“) hat hier ein Goldstück des Kinofilms geschaffen.
Absolut sehenswert!