Der Traum vom Fliegen

Von unserer Redakteurin Luisa Jung (06.06.2008)

Segelfliegen hat etwas mit Physik zu tun – mit der Ausdehnung von Masse – aber wie funktioniert es eigentlich genau?
Segelfliegen wird durch Nutzung der thermischen Auf- und Abwinde möglich, die dazu notwendige Energie liefert ein fühlbarer Wärmestrom.

 

Durch Sonnenstrahlung erwärmt sich die dem Erdboden unmittelbar anfliegende Luftschicht, durch Turbulenz und Konvektion auch die höheren Luftschichten.

 

Die jahres- und tageszeitlichen Änderungen des Sonnenstandes bestimmen die Flugsaison und die tägliche Dauer des thermischen Fluges. Im Flachland umfasst die Saison die Zeit von Ende März bis Ende August, die fliegbare Thermik beginnt morgens nach Auflösung der Bodeninversion und endet etwa 1,5 bis 4 Stunden vor Sonnenuntergang. Die thermische Tätigkeit ist bei gleichem Untergrund über einem unregelmäßigen Bodenrelief größer als über ebenem Gelände, weil Hügel- und Bergflanken einer intensiveren Bestrahlung ausgesetzt sind. Das alles ermöglicht Segelfliegen, mit einem halben Liter Kraftstoff (den die Winde benötigt), stundenlang in der Luft zu bleiben und Strecken bis zu 1000 km zurückzulegen.

 

Die Redaktion befragte zu diesem Thema den begeisterten Segelflieger Holger Eckert, der mit 14 Jahren seine Segelflugausbildung begann und inzwischen seit 28 Jahren dieses zeitintensive Hobby bestreitet. Er interessierte sich zunächst für den Flugzeugmodellbau und wurde dann durch seinen Bruder mit dem „Fliegervirus“ infiziert. Er beschreibt den Ablauf eines Segelfluges wie folgt:

 

Das Wichtigste ist der Startcheck, dabei stellt man sich durch das Abarbeiten einer Checkliste auf die Besonderheiten des Starts ein. Windrichtung, das Verhalten bei einem Seilriss erfordern besondere Aufmerksamkeit. Dann den Höhenmesser auf Null einstellen, Funk und Instrumente checken.

 

Ein Segelflugzeug beim Abheben

Danach kommt der Moment des Anschleppens, der Windenfahrer zieht das Schleppseil vorsichtig straff, er bekommt vom Startleiter die Meldung „Seil straff“ und beschleunigt das Flugzeug in sehr kurzer Zeit auf eine Abhebegeschwindigkeit von ca. 100 km/h.
Wir fliegen, das Flugzeug ist jetzt voll steuerbar, kleinere Richtungskorrekturen werden vorgenommen, wir befinden uns jetzt in der „gefährlichsten“ Phase des Starts, seitlich raus schauen, Steigwinkel abschätzen und korrigieren. Nach 50 m Höhe haben wir die Sicherheitshöhe erreicht, es erfolgt ein sanfter Übergang in die Steigfluglage, wieder raus schauen, Schleppgeschwindigkeit überprüfen und ggf. korrigieren.

 

Nach ca. 30 Sekunden haben wir den Ausklinkpunkt und ca. 350 m Höhe erreicht, das Flugzeug hat schon fast Normalfluglage eingenommen, ein kräftiges Knacken ertönt, das Schleppseil wird ausgeklinkt, zweimal manuell nachklinken, wir Fliegen nun „Frei“ ohne Seil. Das Flugzeug wird nun auf Normalgeschwindigkeit von ca. 90 km/h ausgetrimmt, jetzt wird versucht einen Aufwind zu finden und Höhe zu gewinnen, nicht immer gelingt uns das.

 

Toller Ausblick aus einem Segelflugzeug

Nun kommt das Besondere, dass man nur mit Hilfe der Thermik hunderte von Kilometern zurücklegen kann und dabei die Landschaft beobachten kann. Und der Ausblick ist fantastisch!

 

Zur Landung: In 150 m Höhe stellen wir uns auf die Landung ein, melden uns über Funk bei der Flugleitung an. Ein fester Punkt parallel zur Landebahn (die Position) wird angeflogen, wir befinden uns im Gegenanflug, haben das Landefeld fest im Blick, es folgt eine 90°-Kurve, wir drehen ein in den Queranflug, Landegeschwindigkeit aufnehmen, nach erreichen der Landebahnverlängerung folgt wieder eine 90°-Kurve, wir drehen ein in den Endteil, die Landeklappen werden entriegelt und ausgefahren, Landegeschwindigkeit überprüfen, Höhe abschätzen und durch Stellung der Landeklappen korrigieren, immer wieder Landegeschwindigkeit und Höhe überprüfen, durch die Landeklappen den Gleitpfad ändern, kurz vor dem Aufsetzen das Flugzeug abfangen, Geschwindigkeit minimieren und vorsichtig aufsetzen, die Erde hat uns wieder. Vorsichtig abbremsen und aus dem Landefeld rollen, der Flug ist beendet. Vorzugsweise wird die Landung auf dem Startflugplatz durchgeführt, kann aber auf jedem offenen Gelände erfolgen. Bei einer Außenlandung wird das Flugzeug per Auto zum Segelfluggelände zurückgebracht.

 

Besonders beachten müsse man die Wetterverhältnisse: Sicht, Gewitter, Böen und Wind. Aber auch der technische Zustand des Flugzeugs und der Startwinde sind wichtig. Zuletzt ist natürlich auch die Verfassung des Piloten entscheidend, Stress und Hektik sind beim Fliegen fehl am Platze.

 

Trotzdem kam er schon einmal in eine brenzlige Situation: „Einmal habe ich ein heranziehendes Gewitter unterschätzt und bin zu spät gelandet. Solch gewaltige Auf- und Abwinde, aber auch derartige Turbulenzen habe ich noch nie erlebt. Aber es ist alles gut gegangen, ich konnte unbeschadet landen. Ich habe daraus gelernt lieber früher zu landen, oder bei solchen Wetterlagen erst gar nicht zu starten.“