Von unserem Redakteur Lazar Backovic (31.10.2004 15:32)
Produzent Bernd Eichinger und Regisseur Oliver Hirschbiegel haben ein Meisterwerk inszeniert. Die letzten Tage eines Regimes und ein kapitulierender Hitler, der tatsächlich Menschlichkeit zeigen kann, aber dennoch keine Empathien mit sich bringt, sondern nur – ganz nach Darwin – an das Überleben des Stärkeren glaubt – ein Führer, (s)ein Regime, (s)ein Volk. Die Hierarchie wird sehr gut im Film umgesetzt. Auch der Charakter Hitlers und die Beziehungen zu seinen Helfern werden eindrucksvoll in Szene gesetzt.
20. Juli 1944, das Hitler-Attentat. Hier beginnt „Der Untergang“ – an dieser Schlüsselstelle des 2. Weltkriegs. Gertraud Junge ist gerade von „dem Führer“ als Sekretärin engagiert wurden. Doch Gertraud Junge ist nicht nur die Sekretärin des Führers, sie ist auch die erste Zeugin des Untergangs.
Die Ereignisse, die folgen, sind nur noch eine Bestätigung für das Leck, das sich schon lange im NS-Schiff befindet. Einbruch der „Roten Armee“, die Zerstörung Berlins und der Angriff auf den Reichstag. Eine Niederlage folgt der nächsten.
Hitlers letzte Hoffnungen schwinden. Es gibt niemanden mehr, der den Untergang des Hitler-Regimes, des Nationalsozialismus, des deutschen Volkes aufhalten könnte. Was übrig bleibt ist ein alter cholerischer Mann, der offensichtlich dem eigenen Größenwahn unterlag.
Göring und Himmler verlassen das Schlachtfeld und lassen „ihren Führer“, wie sie Adolf Hitler zu nennen pflegen, im Stich. „Göring, ja, Göring war schon immer korrupt, aber Himmler, der Treuste der Treuen,…Himmler…“, ist das einzige, was Hitler zur Flucht seiner Komplizen sagen kann. Er wirkt fast so, als hätte er nichts anderes erwartet. Er bietet denen, die jetzt zu „den Treusten der Treuen“ zählen, an, Berlin zu verlassen und sich in Sicherheit zu bringen. Eva Braun, die Gattin Hitlers, sieht blauäugig und aus Selbstschutz weg, sie sieht keine Gefahr im Angriff der „Roten“. Sie stirbt lieber in Unwissenheit, die keine echte Unwissenheit ist.
Hitler denkt nur noch an seinen Tod. Er und Goebbels, sein Propagandachef, malen sich Wege in den Freitod aus. Joseph Goebbels und seine Frau, die sich dazu entschlossen haben bei Adolf Hitler in Berlin zu bleiben, wollen die sechs Kinder mit in den Tod nehmen, weil, so Goebbels Gattin Magda, sie sich eine Welt ohne Nationalsozialismus nicht vorstellen können.
Das Resultat: Ein Diktator geht unter und mit ihm sein ganzes Volk.
Es muss nicht ganz einfach gewesen sein einen Unmenschen wie Hitler, Goebbels oder Himmler zu spielen und auch herauszufinden, welcher Abschnitt des 3. Reiches filmtauglich ist.
Oliver Hirschbiegel und Bernd Eichinger haben klasse Arbeit geleistet. Sie haben den historischen Hitler mit einem, um nicht „nett“ sagen zu wollen, anderen Hitler kombiniert. Die Figur Hitlers ist eine wichtige historische Figur, eine eigenartige außerdem. Wegen dieser Eigenart ist es den Vorgängern nicht gelungen, was das Spitzenduo Hirschbiegel und Eichinger jetzt endlich 60 Jahre nach der Geschichte vollbracht haben. Und auch die Charakterisierung der deutschen Bevölkerung, die aus Angst oder Begeisterung mitgezogen ist, ist eine schwierige Aufgabe, die gekonnt gelöst und umgesetzt wurde. Das Wissen eines Großteils der Bevölkerung ging allerdings weiter als vielfach behauptet. Die Deutschen müssen informiert gewesen sein. Wie sollte es ohne Informationen geschichtliche Personen wie die Geschwister Scholl gegeben haben, die sehr wohl über alles Bescheid wussten. Wie soll es Sabotagen ohne ein Wissen über das Grauen von Deutschland gegeben haben. Der letztere Teil ist leider etwas außer Acht gelassen worden.
Nichtsdestotrotz ein packender Film, über den man gerne noch nach dem Kinobesuch nachdenkt und sich immer wieder fragt, wie ein Volk nur so naiv sein kann.
Weitere Informationen
Deutschland
2004 –
Regie:
Oliver Hirschbiegel –
Darsteller:
Bruno Ganz, Alexandra Maria Lara, Corinna Harfouch, Ulrich Matthes,
Juliane Köhler, Heino Ferch, Christian Berkel –
FSK
ab 12 –
Länge:
150 min. –
Quelle:filmz.de