Von unserem Redakteur Marc Hoffmann (29.10.2005 22:12)
„Heute Abend große Halloween-Party. Jeder, der kommen will, ist eingeladen. Kostüme sind erwünscht, für Verpflegung ist gesorgt“. Und unten auf dem großen, selbst gemachten Plakat, welches den Haupteingang der Schule zierte, hieß es weiter: „Wer Interesse hat, meldet sich einfach bei Tina.“
Gruselig muss es schon sein
Tina war bekannt für ihre Halloween-Partys. Seit sie 12 Jahre alt war, interessierte sie sich für Halloween, verbrachte Halloween auch schon in den Staaten und kannte alle „Halloween“ Filme mit dem berüchtigten Michael Myers auswendig. Aber nun war es also wieder soweit. Tina lud zu ihrer Party ein. Wie jedes Jahr war auch in diesem Jahr eine Hütte gemietet worden und eine Großleinwand sowie ein gewaltiges Soundsystem sollten für die passende Lautstärke sorgen.
Den ganzen Vormittag ist Tina in der Schule ziemlich unruhig. Sie hatte für den Abend etwas ganz besonderes geplant und musste nur noch einmal telefonieren. Der besondere Gast, den sie noch anrufen wollte, war jedoch nur zwischen 11 und 11.30 Uhr zu erreichen, so dass Tina darauf wartete, in der Pause endlich telefonieren zu können. Doch noch standen ihr zwei Stunden Geschichte bevor und über Kaiser Karl wollte sie in diesem Moment eigentlich gar nichts erfahren. Einzelheiten über Dracula wären ihr lieber, doch das war von ihrem Geschichtslehrer wahrhaftig nicht zu erwarten. Als dann endlich die Glocke zur Pause klingelte, war Tina die erste, die aus dem Klassenraum rannte, um in Ruhe zu telefonieren. Danach war sie richtig froh, weil alles klappen würde. Mit einem breiten Grinsen verbrachte sie die restlichen Schulstunden.
Die Vorbereitungen hatten lange gedauert, doch als endlich die ersten Gäste in ihren Kostümen eintrafen, war all die Anstrengung vergessen und die Party konnte beginnen. Tina hatte einen festen Zeitplan vorgesehen: zunächst einmal eine Begrüßung mit dem jährlichen Halloween-Cocktail, dann die Prämierung des besten Kostüms und anschließend auf der Großleinwand der letzte Teil der „Halloween“-Reihe mit Michael Myers in der Hauptrolle. Zum krönenden Abschluss sollte er kommen, der geheime Gast.
Das Lob für Tinas Cocktails ist überwältigend. Und mit Tom, der den Killer aus „Texas Chainsaw Massacre“ darstellt, ist wirklich der Beste zum Sieger des Kostümwettbewerbs ausgewählt worden. Als dann auch noch Michael Myers auf der Großleinwand erscheint, ist die Stimmung auf dem ersten Höhepunkt. Aber als plötzlich mit einem lauten Krachen die Tür der Grillhütte aufgeht und der Killer, der eben noch auf der Leinwand zu sehen war, nun direkt im Türrahmen steht, ist es wie durch Zauberhand totenstill. Allen steht die Angst ins Gesicht geschrieben, selbst Tina, die zuerst dachte, dass ihr geheimer Gast gekommen wäre.
Langsam zieht der Unbekannte ein großes, blinkendes Messer aus seiner Tasche und geht langsam einen Schritt nach vorn. Daniel ist der erste, der seine Stimme wiederfindet und laut ausruft: „Das ist ja super Tina, an so etwas hätte ich nie gedacht!“ Doch Tina antwortete nicht, sie steht wie erstarrt in der Mitte des Raumes. Der Unbekannte geht direkt auf sie zu, das Messer gezückt und auf sie gerichtet. Tina rührte sich keinen Zentimeter. Erst als der Unbekannte ausholte, schreit sie, laut, schrill und in Todesangst. Ein Schuss fällt, das Messer fliegt weg, Blut spritzt. Alle haben Todesangst. Keiner wagt richtig hinzuschauen.
Dann – der erste öffnet weit die Augen – steht eine zweite Gestalt im Raum. Eine weitere Killer-Maske schaut bedrohlich umher, während der erste Unbekannte auf dem Boden liegt. Tina sitzt geschockt auf der nächstbesten Bank und weint. Dann zieht der zweite Mann seine Maske ab – es ist der örtliche Hauptkommissar.
Auch ihm steht die Angst im Gesicht, doch dann bricht er sein Schweigen. „Ihr hattet Glück, dass Tina mich eingeladen hatte. Vor etwa zwei Stunden ging ein Anruf bei uns ein. Aus der Psychiatrie sei jemand ausgebrochen, ein gefährlicher Psychopath. Da Tinas Party in der Stadt bekannt war und wir einen Tipp bekommen hatten, gingen wir davon aus, dass er hierher kommen würde. Da die direkte Straße zur Hütte gesperrt war, mussten wir einen Umweg fahren. Aber zum Glück waren wir noch rechtzeitig da.“ Einen Moment später erscheinen zwei weitere Polizisten, die dem stöhnenden Unbekannten Handschellen anlegten und ihn abführten.
„Die Party ist beendet, wir fahren euch alle nach Hause oder ins Krankenhaus. Ihr steht wahrscheinlich unter Schock, doch ihr werdet schon darüber hinwegkommen“, sagte der Kommissar, und ohne Widerworte verließen Tina und ihre Gäste die Hütte, in der sie vorerst ihre letzte Halloween-Party gefeiert hatten.