Gibt es ein Leben vor dem Tod?

Predikt von unserem Religionslehrer Michael Kräbs (26.02.2004 00:12)

Ein Leben besteht
aus etwa 560 Schwimmbadbesuchen,
aus etwa 210 Mal „ins Kino gehen“,
aus etwa 3650 Wochenenden.

Alle zwei Jahre ist man unsterblich verliebt.

Man fährt in seinem Leben etwa 7 Autos.
Man zieht etwa 4 Mal um.
Man hat im Durchschnitt 2 Kinder
und baut manchmal 1 Haus.

Unser Religionslehrer Michael Kräbs

Als ihr vorhin in die Kirche kamt, habt ihr euch sicherlich über das Plakat gewundert. Als Thema für den heutigen Gottesdienst steht dort: Gibt es ein Leben vor dem Tod? Sicherlich haben die Meisten gedacht: „Das muss doch “ heißen!

Zugegeben: die Frage soll provozieren! (Sie stammt von einem Filmemacher aus Hollywood. Er heisst Woody Allen.)

Als Jesus 40 Tage fastend in der Wüste verbracht hat, um sich über seine Zukunft klar zu werden, hat er im Bewusstsein seines nahen Todes über das Leben nachgedacht, dass er bisher geführt hat und über das kurze Leben, dass ihm noch bleiben würde.

Es ging ihm darum, nicht vergeblich gelebt zu haben.

Er wollte seinem Leben eine neue Richtung, einen neuen Sinn geben. 40 Tage als Auszeit und Vorbereitung für ein Leben vor dem Tod.

Der Aschermittwoch gibt uns die Chance aus dem Schulalltag ebenfalls einmal auszusteigen miteinander der Frage nachzugehen: „Gibt es ein Leben, dass Sinn macht? Vor dem Tod!“

Predigt-Text

Das Wort „Sinn“ gibt es in vielen Bedeutungen. Ihr kennt sie alle:
– Sinnlich – Besinnung – Wahnsinn – Unsinn – Uhrzeigersinn
– die 6 Sinne – der 7. Sinn – Irrsinn – Schwachsinn und viele mehr.

Was ihr vielleicht nicht wisst, ist die ursprüngliche Bedeutung des Wortes „Sinn“: Von seiner Sprachwurzel meint es nämlich in seiner genauen Übersetzung: „Weg“, „Plan“ , „Ziel“ , und ist mit einer „Bewegungsrichtung auf etwas zu“ verbunden.

Wenn das Leben also „Sinn“ hat, dann hat der- oder diejenige einen Plan.

Dann ist derjenige nicht orientierungslos oder unbeweglich, sondern er/sie hat ein Ziel, einen ganz bestimmten Weg vor sich.

„Unsinn“ meint dann, dass der Weg falsch ist und „Irsinn“, dass der Weg völlig verrückt ist.

Meine Religionsklassen 7, 9 und 10 haben im Unterricht einen Fragebogen erarbeitet, um herauszufinden, was bei uns den Sinn ausmacht und das Leben ausrichtet. Unsere Ergebnisse möchte ich euch jetzt gerne vorstellen:

„Wo verbringst du die meiste Zeit?“ hieß eine Frage. Die häufigste Antwort lautete: „Im Bett“-. Es folgten die Orte: „Beim Sport“, „Mit meinen Freunden“ und „In der Schule“ und „Am Computer“.

Auf die Frage, wofür man gerne mehr Zeit hätte, lautete die häufigste Antwort: „Für meine Freunde“, „Für meinen Freund/Freundin“, „Zum Feiern“, „Für den Sport“.

Diese Fragen waren eigentlich nur zum „Warmwerden“ gedacht. Aber die Antworten zeigen schon, dass das Leben vor allem dann in den richtigen Bahnen (Weg) läuft, wenn man es nicht allein, sondern mit Anderen, d.h. mit Partnern, Freunden, eben in Gemeinschaft verbringt.

Allein sein ist doof.
Wer sich ständig allein fühlt, kann auch von niemanden verstanden werden. Wenn niemand einen versteht, wird es hart.

Wie soll man allein einen Weg finden, den man kaum kennt?
Allein verirrt sich jeder leichter.
Allein ist man schneller orientierungslos.
Und wer den Weg aus den Augen verliert, verliert auch das Ziel. Der sogenannte Sinn im Leben bleibt auf der Strecke. Wir bleiben auf der Strecke.

Gemeinschaft, Freunde und Familie ist uns das Wichtigste. Das beweisen auch die nächsten Umfrage-Ergebnisse. Auf die Frage: „Worüber bist du wirklich glücklich?“, hiess die häufigste Antwort: „Über meine Freunde“, und „Wenn ich mit meinen Freunden oder mit meiner Freundin zusammen bin“, „

Und auf die Frage, was einen „so richtig unglücklich macht“, war die meist genannte Antwort: „Streit mit Freunden“, „Zank in der Familie“, „Wenn ich von Freunden enttäuscht werde“. Immer wieder tauchte auch auf: „Wenn ich merke, das ich allein bin“.

Der berühmte Dalai Lama, so eine Art „Chef“ in der buddhistischen Religion, sagt über den Sinn im Leben: Jeder hat ein Recht darauf, glücklich zu sein.

Glücklich ist wer gute Freunde hat! Sinnlos und ohne Ziel wird das Leben, wenn wir ohne feste Freunde oder ohne Rückhalt in der Familie auskommen und uns allein durchschlagen müssen. (…)

Als Jesus 40 Tage in die Wüste, stand er vor demselben Problem:
„Macht mein Leben so wie es ist Sinn?“
„Bin ich der, für den mich die anderen halten?“
„Schaffe ich meinen Weg?“
Und: „Soll ich den Weg mit Gott gehen, auch wenn er mich ans Kreuz führt?“

So werden die Fragen ausgesehen haben, denen er sich in der Wüste ausgesetzt sah, und die geeignet sind, sich verführen zu lassen zu einem Weg weit weg von Gott. (à „Satan“ in seiner genauen Übersetzung…)

Ich formuliere noch einmal schärfer: „Welchen Sinn macht mein Leben, wenn ich doch aufs Kreuz gelegt werde?“

„Aufs Kreuz gelegt werden…“ Das war sein Schicksal. Seine Zukunft.
„Jeder hat sein Kreuz zu tragen“, heisst es. Oder harmloser: „Jeder hat sein Päckchen (zu tragen).“

Jesus hat sich Zeit genommen, die Frage für sich zu klären. In Ruhe und Abgeschiedenheit der Wüste, kam er für sich zu dem Entschluss, nicht den bequemen Weg zu gehen ohne Gott, sondern den unbequemen mit Gott.

Auch wenn sein Leben am Kreuz enden sollte, so war das Leben mit und für seine Freunde, das, was für ihn Sinn machte und wofür er sich entschied. Gemeinsam mit seinen Freunden – seinen Schülern und seinen vielen Anhängern – verfolgte er das Ziel, das Reich Gottes, so wie er das gelungene Leben nannte, schon hier und jetzt auf Erden, also vor dem Tod, zu verwirklichen. (…)

Einige Schüler wollen euch Lebensregeln mit auf den Weg geben. Regeln, die wir jetzt schon verwirklichen können, um das Leben sinnvoller zu machen. Hört bitte genau zu:

Lebensregeln

Sei stolz, aber nicht stur.
Nimm dir Zeit für dich selbst. Aber ertrinke nicht im Selbstmitleid.
Mache dir erst ein Bild von einem Menschen, wenn du ihn wirklich kennst.
Lebe mit all deinen Mitmenschen in Frieden. Doch bleibe dir dabei auch selbst treu.
Behandele jeden Menschen so, wie du von ihm behandelt werden möchtest.
Akzeptiere dich so wie du bist. Du findest Menschen, die dich – so wie du bist – sehr lieb haben.
Du hast dein Leben allein in der Hand. Mach was daraus.
Versuche Gott zu begreifen, er wartet darauf.

Wenn ihr die Vorbereitungszeit auf Ostern sinnvoll nutzen wollt, dann schlage ich euch diese Fasten-Aktion vor: Versucht nicht verzweifelt Pfunde zu verlieren, um letztlich anders und scheinbar besser auszusehen. Das macht wenig Sinn. Nehmt euch lieber etwas Anderes vor: Nehmt euch eine „Wüstenzeit“. Vielleicht nicht 40 Tage, sondern eher täglich 4 Minuten und überlegt, was Christus in der Wüste überlegt hat:

„Wofür soll ich mich entscheiden? Wie kann mein Leben gelingen“

Ich bin sicher, die Regeln, die ihr eben gehört habt und nachher am Ausgang in die Hand bekommt, können euch eine echte Hilfe sein. Wer bei der Suche nach dem Sinn im Leben mitmachen möchte, den lade ich ein, das traditionelle Aschermittwoch-Zeichen zu empfangen: das Aschenkreuz.-Amen.

Fürbitten

Lieber Vater im Himmel, wir danken Dir für unser Glück.

Bitte segne uns und mache uns stark.

Beschütze die Kinder vor den Bösen und lass nicht zu, dass sie zu Opfern werden.

Lass Frieden auf der ganzen Erde sein.

Gib den Menschen Kraft, die eine schlimme Krankheit haben.

Und schenke allen Familien ein Dach über dem Kopf.

Lass nur zu, was gut für uns ist.

Denn die Erde ist noch rund und genau so ist sie richtig.

Amen.