Von unserer Mitarbeiterin Christina Stoll (10.11.2004 23:49)
Die Anspannung steigt, gleich ist es soweit. Mein Chemie-LK Lehrer Herr Prauß hat schon angefangen, die Arbeitsblätter auszuteilen. Es ist Freitag, 11.35 Uhr. In fünf Minuten werde ich meine erste LK-Arbeit schreiben.
Von der Stirne heiß,
rinnen muss der Schweiß
Hab ich auch wirklich alles gelernt? – Oh nein! – Das mit der Wellenlänge und dem Licht, wie war das doch gleich? – Egal, ich hab mein Aufgabenblatt ja noch nicht, und außerdem hab ich eigentlich noch zwei Minuten Zeit, bis die Stunde anfängt. Schnell ist das richtige Arbeitsblatt herausgekramt, ein kurzer Blick darauf – ach ja, so ging das also.
Es ist so weit. Verdächtig freundlich legt Herr Prauß mein Blatt vor mich auf den Tisch. Ich versuche diese Geste zu erwidern, was mir jedoch nicht wirklich gelingt – ich bin einfach zu aufgeregt. War die Woche, die ich mit lernen verbracht habe, umsonst?
Die erste Aufgabe lautet: Definieren Sie den Begriff ‚Isomerie‘. – OK, das ist leicht, Aufgabe 2 und 3 müsste ich auch hinkriegen, aber die Nr. 4! – Und die Reaktionsgleichungen soll ich auch angeben! – Ich wusste, es wäre besser gewesen, wenn ich mir das Arbeitsblatt darüber noch mal gründlicher angesehen hätte – Zu spät! – Na ja, dafür dürfte die Aufgabe Nr. 5 zu schaffen sein – Elementaranalyse. Aber die Nr. 6, warum gibt es darauf ausgerechnet 12 BE?
Zuerst die Strukturformeln, leider habe ich keine Ahnung, ob das, was ich hier schreibe richtig oder falsch ist. Einen Versuch ist es auf jeden Fall wert! Und die Kräfte? Um welche geht es ihm denn genau? – Ich schreibe einfach mal drauf los, mal abwarten, was dabei heraus kommt. Es klingelt, 13.15 Uhr, noch zwei Schulstunden und eine große Pause, dann muss ich abgeben. Aber jetzt konzentriere ich mich lieber wieder auf meine Arbeit. Bevor ich zum Schluss mit der Nr. 4 anfange, gehe ich lieber noch mal auf die Toilette. Ich weiß zwar nicht genau, was ich schreiben soll, aber vielleicht es ist besser, etwas Falsches zu schreiben, als überhaupt nichts. Also los!
Warum sind eigentlich schon fast alle außer mir fertig und haben schon abgegeben? Sie können jetzt schon ihr Wochenende genießen, während ich hier noch verzweifelt versuche, ein paar weitere Informationen aus meinem Gedächtnis heraus zu kramen. Hätte ich doch nur besser gelernt – oder zumindest zehn Minuten länger, dann könnte ich diese Aufgabe mit Leichtigkeit lösen! – Typisch, in der ganzen Arbeit taucht das Wort „Induktiver Effekt“ nicht auf, auch keine „Radikalische Substitution“, dabei habe ich so dafür gelernt. Na, ja, beim nächsten Mal wird alles besser.
Bemerkung der Redaktion: Die schriftliche Beurteilung ergab eine zweistellige Note; also nie verzweifeln: alles wird gut!