Von unserem Mitarbeiter Yannick Rudolph (18.02.2006 15:41)
Regisseur und Filmproduzent Steven Spielberg ist so vielseitig wie kein anderer. Er drehte Filmklassiker wie „E.T.“ und das Drama „Schindlers Liste“, doch auch nach dem zuletzt etwas schwächeren Film „Krieg der Welten“ gelang ihm mit „München“ wieder ein absoluter Volltreffer, der nun auch mit fünf Oscar-Nominierungen belohnt wird. Der Film handelt von dem Attentat der Terrorgruppe „Schwarzer September“ im Jahre 1972, verübt an elf israelischen Sportlern, die an der Olympiade in München teilnahmen. Dieser Anschlag wird von vielen Betrachtern als Beginn des internationalen Terrors aufgefasst.
Die Einsatzbesprechung mit der israelischen Präsidentin
Golda Meir führt zu dem Terrorauftrag.
1972 fand die Olympiade in München statt. In einer Nacht drangen palästinensische Extremisten in das Olympische Dorf ein, erschossen dabei zwei Israelis und nahmen neun weitere als Geiseln fest. Das Attentat zog fatale Folgen nach sich. Die damalige israelische Präsidentin Golda Meir erteilte den Auftrag an ein israelisches Spezialkommando, die Drahtzieher des „Schwarzen September“ ausfindig zu machen und sie zu töten.
Steven Spielbergs Film bezieht sich auf mehrere Quellen, unter anderem auf Vorgaben des Buches „Vengeance“ des ungarischen Journalisten George Jonas. Der Wahrheitsgehalt der im Film verwendeten Passagen ist jedoch nicht eindeutig nachweisbar und nicht immer glaubwürdig.
Wie im Film berichtet das Buch von der Geiselnahme und der nachfolgenden Geiselübergabe am Münchener Flugplatzes, bei der die Geiseln und die Attentäter von einem Scharfschützen erschossen wurden. Eine israelischer Spezialtrupp wurde daraufhin im Auftrag der israelischen Präsidentin losgeschickt, um die elf Drahtzieher des „Schwarzen September“ zu töten. Hauptakteur dieser Gruppe ist im Film der Israeli Avner Kaufmann, von Eric Bana gespielt. Avner Kaufmann ist ein israelisch-deutscher Geheimdienstler, dessen Frau schwanger ist. Er kommt dennoch im Namen der Präsidentin diesem Auftrag nach, obwohl er damit sein neugeborenes Kind lange Zeit nicht mehr zu Gesicht bekommen wird. Indem das israelische Kommando in weltweiten Einzelaktionen über die Hälfte der Palästinenser liquidiert, auch Unschuldige tötet, glaubt Kaufmann, seine Pflicht für sein Heimatland Israel zu erfüllen. Doch im Laufe der mörderischen Aktionen, bei denen auch seine Mitkämpfer von gegnerischen Kommandos ermordet werden, erkennt Avner, dass die Liquidation der elf Drahtzieher nur neuen Terror erzeugt, die Spirale des Terrors drehte sich also weiter.
Dieser Film glänzt nicht in durch eine pralle Bilderwelt. Vielmehr wird allmählich deutlich, dass all diese Ereignisse nicht durch Glanz, sondern nur in seiner soliden Gebrechlichkeit des kalten Terrors dargestellt werden kann. Steven Spielberg vermittelt genau dieses kühle Bild des Terrors. Der Terror ist die höchste Form der Gewalt und trägt keine Brillanz in sich, keine grandiose Optik. Die Darsteller funktionieren nicht in perfekter Handlung. Sie sind keine fachlich ausgebildeten Mörder und auch ihre Taten wirken einfach und schlicht.
Besonders realistisch wird der Film durch seine abschreckende Gewalt, die in einfachen Bildern mit ihrem Blut wie ein greller Lichtstrahl direkt ins Auge sticht. Nicht umsonst wird hier die Altersbegrenzung auf sechzehn Jahre festgelegt. Steven Spielberg beherrscht es, durch Einfachheit und grandiosem Realismus einen dennoch brillanten Film zu machen. Einziger Kritikpunkt des Filmes ist die Szene, in der Avner Kaufmann schläft und sich an die Szenen erinnert, in der die Palästinenser in das Olympiastadion einbrechen und auf zwei Männer losgehen, die ihnen Wiederstand leisten.
Steven Spielberg ist rundum ein Film gelungen, der so realitätsnah wie kein anderer ist und den Kinobesuchern direkt ins Herz trifft. Gewalt und Gefühl harmonieren hier wie nie zuvor. Dass eine leichte Ironie den Film ausschmückt, verleiht ihm einen besonderen Pluspunkt in der Bewertung. Besonders gelungen ist auch die Schluss-Sequenz, wo die Kamera noch einmal das World Trade Centre erfasst. Diese Szene zeigt, dass Terror über 30 Jahre später nicht Geschichte, sondern eine kalte und gnadenlose Vervielfältigung in der Gegenwart erfährt in Form von Selbstmord-Kommandos und präzisen Kampfflugzeugeinsätzen. Mit „München“ hat Steven Spielberg ein außergewöhnliches Werk geschaffen, so dass das Publikum am Ende des Films erst einmal betroffen sitzen bleibt. Wer Filme mit historischem Hintergrund sehen will und auf realistische Umsetzung hofft, findet hier, was er schon immer gesucht hat. Jeder, der sich von diesem Kinojahr viel erhofft und nicht enttäuscht werden will, sollte sich diesen Film unbedingt mal ansehen.
Originaltitel: Munich
USA 2005
Genre: Drama
FSK 16
Spieldauer: 163 min.
Regie: Steven Spielberg
Drehbuch: Eric Roth, Tony Kushner, Charles Randolph
Darsteller: Eric Bana (Avner Kauffman), Daniel Graig (Steve Cake), Geoffrey Rush
(Mossad Polizist), Matthieu Kassovitz (Robert)