Schon wieder eine Fünf!

Von Basar Arslan & Viola Teubert (29.05.2002 23:04)

Markus sitzt in der Mathestunde und ist total enttäuscht. Er hatte wirklich hart für diese Arbeit gelernt und sogar Nachhilfe bekommen. Und schon wieder ein „Koffer“. Seine Eltern kamen vor einigen Monaten auf die Idee, dass nur mit dem zusätzlichen Unterricht die Noten ihres Sohnes aufgebessert werden könnten. Sie meinten, dass dies die letzte Möglichkeit wäre, ihn vor der gefährdeten Versetzung zu retten.

Wenn die schriftlichen Arbeiten immer schlechter ausfallen …

Für die Eltern von Markus ist die Bildung ihres Kindes sehr wichtig, so dass sie bereit waren, viel Geld für den Nachhilfeunterricht zu investieren. Natürlich ist sich Markus dessen bewusst und gibt sich auch große Mühe. Er lernt und lernt, doch sind kaum Erfolge zu erkennen.

… und die Daumenschrauben allmählich angezogen werden, …

Im Englischunterricht steht es ohnehin schon schlecht für ihn und nun kommt auch noch Mathe als zweites Hauptfach dazu. Wenn sich seine Leistungen nicht bald deutlich verbessern, wird er wohl oder übel das Schuljahr wiederholen müssen. Was wird bloß sein Vater zu dieser erneuten Fünf sagen? Und was soll die Nachhilfelehrerin sagen, wo sie doch so intensiv mit ihm gelernt hat. Doch scheinbar hilft alles nichts. Die Noten von Markus werden einfach nicht besser und sein Selbstbewusstsein geht immer mehr in den Keller.

… klappt bald garnichts mehr.

Doch Marus ist nicht der einzige, dem es so ergeht. Viele Jugendliche bangen Jahr für Jahr darum, das Schuljahr erfolgreich zu bestehen. Nicht alle sind so ehrgeizig wie Markus. Den meisten Jugendlichen ist die Schule nicht so wichtig und sie sind einfach faul. Schlechte Noten sind da natürlich schon vorprogrammiert. Und wenn die Schüler dann jedes Mal die Resultate ihrer schlechten Arbeiten vor Augen haben, ohne auch nur einen kleinen Fortschritt feststellen zu können, führt das schließlich zur völligen Demotivation. Und die Schule ist ihnen dann erst recht egal. Meistens suchen sie dann eine andere Aktivität, in der sie sich ausleben und den Frust des Alltags abbauen können.

Wenn dann die letzten Hilfen versagen …

Doch oftmals spielt auch das Verhältnis von Lehrern und Schülern eine bedeutende Rollen, wenn es um die Versetzung geht. Denn auch wenn nicht darüber gesprochen wird und das Thema eigentlich ein Tabu ist, haben viele Lehrer Antipathien gegenüber einzelnen Schüler, was besonders bei der Notengebung zum Ausdruck kommt. Natürlich entstehen diese Antipatien nicht grundlos. Die Schüler tragen einen erheblichen Teil dazu bei. Durch ihr oftmals undiszipliniertes Verhalten treten sie ihren Lehrern gegenüber ungeschickt auf, die dies natürlich nicht tolerieren. Und wenn ein Lehrer einen negativen Eindruck von einem Schüler hat, ist es für den Jugendlichen sehr schwer, diesen Eindruck zu korrigieren. Die dann vorherrschende schlechte Stimmung in der Schule wirkt sich auch meist im privaten Umfeld aus. Auch zu Hause herrscht dann „dicke Luft“.

… ist es aus mit der Bildung.

„Ein Teufeskreis“ denkt sich auch Markus und geht nach Hause, um seinen Eltern von der schlechten Note zu berichten. Er weiß schon ganz genau, wie sein Vater reagieren wird. Gerne hätte er ihnen diese Sorge erspart!

Wir haben ein paar betroffene Schüler zu dem Thema Sitzenbleiben befragt:

Florian, 16, geht in die 9. Klasse eines Gymnasiums, ist letztes Schuljahr sitzengeblieben; Ramon, 14, geht in die 8. Klasse eines Gymnasiums; Lisa, 16, geht in die 10. Klasse einer Gesamtschule; Pascal, 15, geht in die 9. Klasse eines Gymnasiums

UO: In welchen Fächern steht es schlecht mit euren Noten?

Ramon: Also, ich habe große Probleme mit Mathe und Physik. Das liegt mir einfach nicht.
Lisa: Ja, Mathe ist bei mir auch ein absolutes Problemfach und ansonsten verstehe ich in Französisch so gut wie gar nichts. Ich bin einfach zu faul zum Lernen.
Florian: Ich bin damals wegen Englisch und Biologie sitzen geblieben. In Englisch habe ich mich jetzt aber schon ganz schön verbessert.

UO: Inwiefern belastet euch die Situation, in diesem Jahr sitzenzubleiben?

Lisa: Naja, ich bin ja selbst Schuld, dass ich so schechte Noten bekomme, weil ich zu wenig für die Schule tue. Natürlich wär es schon doof, wenn ich sitzenbleiben würde, aber dann habe ich eben Pech gehabt und wiederhole das Schuljahr einfach.
Florian: Also für mich war das schon damals hart, als ich erfuhr, dass ich sitzenbleiben werde. Und als ich dann in die neue Klasse kam, war das schon ziemlich blöd. Aber jetzt fühle ich mich ganz wohl und ich denke, dass es besser war, dass ich die Klasse wiederholen musste, da ich jetzt den Stoff noch mal richtig lerne.
Pascal: Ich hoffe auf jeden Fall, dass ich nicht sitzenbleiben werde, weil ich dann ja ein ganzes Jahr verliere und außerdem in eine neue Klasse muss, wo ich niemanden kenne.

UO: Was sagen eure Eltern zu euren Schulproblemen?

Pascal: Meine Eltern hoffen natürlich genauso wie ich, dass ich das Schuljahr schaffen werde. Und in manchen Fächern helfen sie mir sogar ein bisschen, wenn ich mal wieder etwas nicht verstehe.
Ramon: Bei mir ist es so, dass meine Etern oft geschäftlich unterwegs sind und sie so kaum etwas von meinen schlechten Noten mitbekommen. Ich erzähl ihnen einfach nichts von den schlechten Arbeiten. Und das ist wohl auch besser so, ansonsten würde es bestimmt ganz schönen Ärger geben.

UO: Welche Auswirkungen würde es auf dein weiteres (berufliches) Leben haben, wenn du sitzenbleiben würdest?

Lisa: Da ich ja auf eine Gesamtschule gehe und eigentlich dieses Jahr meinen Realschulabschluss machen wollte, wäre es natürlich schon ziemlich blöd, ausgerechnet jetzt sitzenzubleiben. Aber es hat auch was Gutes. Denn dann werden meine Noten im nächsten Schuljahr sicherlich besser und meine Chancen für einen Ausbildungsplatz steigen.
Florian: Bei mir hat sich das nur insofern ausgewirkt, dass ich jetzt den ganzen Unterrichtsstoff wiederhole und dann nächstes Jahr in der 10. Klasse klarkommen werde.

UO: Wie sehen eure beruflichen Zuunftspläne aus?

Ramon: Also, ich würde gerne studieren. Vielleicht Jura oder so. Da bin ich mir noch nicht ganz sicher. Aber dann will ich auf jeden Fall einen Job haben, der viel Geld bringt und wo ich mir dann keine Sorgen mehr um Geld machen brauche.
Lisa: Ich hoffe, dass ich eine gute Ausbildungsstelle finden werde, die mir Spaß macht. Das Verdienen ist bei mir eher nebensächlich. Hauptsache ich hab meinen Spaß und es ist abwechslungsreich.
Forian: Ich finde, es sollte beides stimmes, das Gehalt und der Spaßfaktor. Ich will mir ja schließlich auch mal was leisten können wie z.B. ein Auto und dafür braucht man nun mal das nötige Geld. Aber ohne Spaß bei der Arbeit läuft auch nichts, weil ich mich dann sicherlich langweilen und ein ganzes Leben lang über den Job meckern würde. Dass find ich auch doof.
Pascal: Stimmt, ein interessanter Job und ein guter Verdienst, dass wärs!

UO: Wir danken euch für das Interview