Schülerstreik in Kassel

Von unserer Redakteurin Christine Phieler (17.06.2008)

Was Studenten, Bahnfahrer und Ärzte können, können Schüler schon lange! Trillerpfeifen und laute Musik, Plakate mit Aufschriften wie „Wir streiken für bessere Schulen“, viel Geschrei und eine riesen Versammlung von Schülern. All das war am Donnerstag den 12. Juni beim Schülerstreik vor dem Rathaus in Kassel anzutreffen.

 

 

„Wir streiken für bessere Schulen“

 

Streikgründe waren hauptsächlich G8 (die verkürzte Schulzeit bis zum Abitur), die zu großen Klassen, das dreigliedrige Schulsystem, die schlechte Organisation des U-Plus Unterrichts und die zu hohen Kosten, für die jeder einzelne aufkommen muss um sich weiterzubilden (Studiengebühren).

 

Vor dem Rathaus: Massen von streikenden Schülern

Der Entschluss zu streiken wurde von rund 400 Schülern gefasst, die sich auf der Schülervollversammlung am Dienstag, den 27.Mai 2008 in Kassel trafen. Seitdem machten sie fleißig Werbung und die Schüler wurden aufgefordert, möglichst zahlreich am Streik teilzunehmen um eine Veränderung im Bildungssystem zu schaffen.

Donnerstag Morgen war es endlich so weit und hunderte von Schülern trafen sich um 10 Uhr vor dem Rathaus. Aus allen Richtungen kamen große Gruppen von Schülern, die sich entschlossen hatten, das Bildungssystem, wie es jetzt ist nicht einfach zu akzeptieren.

 

„Ich bin hier, weil ich durch die Verkürzung der Schulzeit bis zum Abi viel zu viel Stress habe. Früher habe ich Tennis gespielt und bin geritten, jetzt finde ich kaum noch Zeit zum Reiten und das Tennisspielen musste ich sogar ganz aufgeben“, erzählt die 13-jährige Anna-Lena. Auch in der Rede, die zwei Schüler hielten wurden die eindeutigen Lücken im Bildungssystem deutlich. Schüler in G8-Klassen leiden immer häufiger unter Migräne, Versagensängsten und Perspektivlosigkeit. Sie haben kaum noch Zeit für andere Dinge außer Schule, da sie nicht selten eine 36-Stunden-Woche haben, die für noch so junge Schüler eine immense Belastung ist, und wenn sie dann endlich zu Hause seien, müssen die Hausaufgaben erledigt werden. Bleibt also kaum noch Zeit für Freizeitaktivitäten.

 

Andere Schüler streikten aber aus anderen Gründen: „Ich finde es unmöglich, dass man teilweise nur einen guten Abschluss haben kann, wenn man genug Geld hat. Wie sollen denn junge Leute aus ärmeren Familien, die gerade ihr Abi absolviert haben so hohe Studiengebühren bezahlen?“, fragt Dennis K., ein Schüler der 12. Klasse. Zwar ist gerade in der Diskussion, ob Studiengebühren in Hessen verboten werden sollen; beschlossen ist jedoch noch nichts.

 

Die Aufschrift auf dem Plakat:
„Studiengebührenbefürworter = Bildungsmörder“

Auch die schlechte Organisation des U-Plus-Unterrichts fand Platz auf Plakaten und war großes Thema des Streiks. „U-Plus wäre ja eigentlich eine ganz vernünftige Sache, wenn auch die richtigen Lehrer eingesetzt würden. Es bringt doch nichts, einen Chemie- und Biolehrer als Vertretung in eine Französischstunde zu schicken, wenn der aber kein Wort Französisch sprechen kann“, schreit Meike M. vor lauter Lärm. Ihre Freundin Laura S., die die 11. Klasse besucht, nennt auch gleich ihren Grund, warum sie unbedingt am Streik teilnehmen musste: „Ich seh das genauso wie Meike, auch wenn mich die U-Plus-Regelung gar nicht mehr betrifft. Aber wo wir gerade beim Thema Lehrer sind: manche Politiker sind wohl der Meinung, es würde genügen, die Schülerzahl in den Klassen auf maximal 30 Schüler zu beschränken, aber denken nicht daran, dass es dann vielleicht sinnvoll wäre auch mehr Lehrer einzustellen.“

 

Dieser Aspekt fließt auch in die Rede der zwei Schüler ein, die mit Hilfe eines Mikrofons die Gründe des Streiks nochmal für alle aufzählten. In der Rede hieß es, dass mit der Verkleinerung der Klassen ermöglicht werden solle, mehr auf jeden einzelnen Schüler einzugehen. Den Politikern sei aber anscheinend nicht aufgefallen, dass dies bei 30 Schülern in einer Klasse nicht möglich ist.

Nun darf man wohl gespannt sein, ob dieser Streik wirklich etwas bewirkt, doch selbst wenn nicht, auf Flugblättern wurde bereits bekannt gegeben, dass dieser Streik nur der Anfang war. Das nächste Treffen ist bereits am Mittwoch, den 18. Juni um 19 Uhr im Kulturzentrum Schlachthof in der Mombachstraße 12.