von unserer Redakteurin Alisa Schmitz (24.05.2009)
Gerade in Zeiten der Finanzkrise ist Geld das Einzige, was zählt. Doch wie kommt man nur dran ans bunte Papier?
Der Job ist schon lange nicht mehr sicher und generell sind Sparmaßnahmen auch nicht immer leicht durchzuführen. Wenn man nun keine Lust mehr hat putzen zu gehen, warum spielt man nicht einfach um seinen Lohn? Glückspiel nennt sich der ganze „Spaß“ und ist scheinbar der neue beste Freund des Menschen, besonders der Frau. Glückspiel ist ein neuer Job. Der einzige Unterschied: Man bezahlt ohne möglicherweise selbst bezahlt zu werden.
Man hofft mit Kartenspiel und co. das große Geld zu gewinnen |
Etwas zu übertrieben? Möglich, aber ungefähr so wirken die Massen vor der Spielbank Kassel Kurfürstengalerie. „Ladies Night“ ist die Attraktion des Spielkasinos und die Frauen lassen sich nicht zweimal bitten. Seit ca. einem Jahr existiert diese Veranstaltung und es stellen sich jeden Donnerstag ab 17.30 Uhr die Damen an, zu sehen ist jede Altersklasse. Ab 18 Uhr dreht sich dann das große Rad, welches Freud und Leid mit sich bringen kann. Hat man einmal an dem Rad gedreht, wirbeln die Zahlen von eins bis sechs im Kreis herum. Die Zahl, die man dreht, multipliziert man mit den sechs Euro Freispiel, die man mindestens erhalten kann. Ein Euro kostet der ganze Spaß am Donnerstag, für „Ladies only“, versteht sich. Männer dürfen zwar an der Schlange vorbeigehen, zahlen aber fünf Euro und bekommen nur die Möglichkeit mit sechs Euro Freispiel das Kasino zu betreten.
Der Wettlauf beginnt. Wer zu erst kommt, mahlt zu erst. „Es ist schon heftig, wie die Menschen dort miteinander umgehen. Sie drängen sich in der Schlange und können es kaum erwarten endlich an der Reihe zu sein. Anschubsen und desgleichen ist da nicht selten“, berichtet Niagara Rassuli, Schülerin der Jahrgansstufe 12. Wenn man es dann doch endlich geschafft hat hineinzukommen, muss man sich noch rechtzeitig einen Platz vor den blinkenden Automaten ergattern. Nicht selten ist eine Reihe komplett besetzt von einzelnen Menschen, die so wirken, als wären sie nicht nur donnerstags hier. Betrachtet man dann die „Einsatz“-Anzeige, sieht man oft genug den 50-Euro-Betrag, und das an fünf Automaten gleichzeitig. „Viele Menschen sehen etwas heruntergekommen aus. Und dabei setzen sie so viel Geld. Die haben bestimmt schon viele Schulden gemacht“, erzählt die Zwölftklässlerin Julia Heußner. Drei Mal hat sie das Kasino nun schon besucht und einmal 28 € gewonnen.
So stellen sich die meisten ein Kasino vor (Quelle: www.weltrekordreise.ch) |
Laut Veranstalter besuchen 800 Frauen im Durchschnitt die Damenparty am Donnerstag und geben Geld aus, was sie vielleicht nicht immer übrig haben. Generell ist es schwer einzuschätzen, was für eine Geldmenge ausgegeben wird, denn Datenschutz ist das höchste Gebot. Nicht nur die Besucher müssen geschützt werden, auch die Servicekräfte und die Kassiererinnen tragen kein Namensschild.
Man möchte meinen, es trifft sich hier die obere Schicht um ein bisschen Poker zu spielen. Doch das Las Vegas-Feeling fehlt ein wenig. „Als ich das erste Mal hingegen bin, dachte ich, das wäre alles viel schicker und so. Ich war auch nur noch zwei Mal da, weil es mir nicht so gefallen hat“, begründet Julia weiter. Hauptsächlich normal verdienende Menschen besuchen den Geldtempel und scheinen auch ein Stück vom Kuchen abhaben zu wollen. Nicht selten wirken sie dabei eher verkrampft als entspannt.
Die Notwendigkeit von Geld war immer da, aber der Druck ist in diesen Räumen fast unerträglich. Der Kampf um den Gewinn, koste es, was es wolle, ist vielen ins Gesicht geschrieben. Es kommt so weit, dass man sich manchmal denkt, dass dieser „Kunde“ es wohl wirklich nötig hat, jetzt mal 100 Euro zu gewinnen, da wohl zu viel auf dem Spiel steht. Denn mehr als das sind sie nicht: Kunden, die sich Geld kaufen, um Geld zu gewinnen.