Be smart, don’t start

(16.01.2005 19:17)

An Hessens Schulen sollen künftig nur noch die Köpfe rauchen. Im neuen Schulgesetz, das Ende November verabschiedet wurde, ist ein Rauchverbot für Schüler, Lehrer, Sekretärinnen und Hausmeister verankert; gültig ist es vom 1.Januar nächsten Jahres an.

Natürlich finden die meisten Pädagogen ein Rauchverbot sinnvoll, nur wie sie es in so kurzer Zeit durchsetzen sollen, ist vielen Schulleitern schleierhaft. „Besser wäre es gewesen, den Schulen Möglichkeiten zu geben, in der Schulgemeinde eine verträgliche Lösung vor Ort zu finden“, meint Karin Hechler, Leiterin der Schillerschule. „Schaufensterpädagogik, die sich gut verkaufen läßt, aber kaum realisierbar ist“, schimpft der Leiter einer Frankfurter Hauptschule, der nicht genannt werden möchte. Ihm und seinen Kollegen sei es unmöglich, „jetzt auch noch die Aufgaben einer Raucherpolizei zu übernehmen“.

Es werde eine Übergangsfrist von einem halben Jahr geben, heißt es im Kultusministerium auf Nachfrage. Ein Brief mit Vorschlägen, Anregungen und Hilfestellungen zum Rauchverbot sowie Unterlagen zur Prävention werde nächsten Dienstag an die Schulen verschickt. Im Frankfurter Schuldezernat weiß man um die Sorgen der Schulleiter. Die sehen vor allem eine höhere Unfallgefahr, wenn Schüler sich künftig vom Schulgelände entfernen, um beispielsweise auf der Straße, in angrenzenden Parks oder Hauseingängen zu rauchen.

„Statt von oben zu verordnen, hätte man die Schulen auffordern müssen, ein eigenes Konzept für eine rauchfreie Schule zu erstellen“, meint Michael Damian, persönlicher Referent von Schuldezernentin Jutta Ebeling (Die Grünen). In Frankfurt habe man sehr gute Erfahrungen mit der freiwilligen Suchtprävention gemacht, auch mit Aktionen wie dem europaweiten Schüler-Nichtraucherwettbewerb „Be smart, don’t start“. In Frankfurts Kindertagesstätten dürfen Erzieherinnen seit einem halben Jahr nicht mehr rauchen.

Ein Rauchverbot an Schulen sei schon darum so wichtig, weil gerade das frühzeitige Rauchen extrem gefährlich sei, so Damian. Die Hälfte aller Raucher habe vor dem 13. Lebensjahr mit dem Rauchen begonnen. 76 Prozent aller 15 bis 16 Jahre alten Kinder hätten schon einmal geraucht. Nach Angaben des Kultusministeriums greifen 43 Prozent der Neunt- und Zehntkläßler mehr oder weniger regelmäßig zur Zigarette. Wer mit 15 Jahren zu rauchen beginne, habe ein dreifach höheres Krebsrisiko als derjenige, der erst mit 25 Jahren anfange.

Wie die Schillerschule haben viele Frankfurter Schulen bisher Raucherecken eingerichtet, in denen Jugendliche von 16 Jahren an blauen Dunst verbreiten durften. Dort hatten die Pädagogen ihre Klientel unter Kontrolle. „Bei uns hatte sich das System konsolidiert. Niemand rauchte auf den Toiletten, auf dem Hof oder in den Gängen“, berichtet Hechler. Durch ein generelles Verbot könne das Ganze jetzt ins Wanken geraten. Spätestens wenn in den Vorgärten die ersten Kippen lägen, sei Ärger programmiert, meint die Schulleiterin.

Auf Anrufe von verärgerten Nachbarn, rauchende Gruppen vor der Schule und dauerbesetzte Toiletten stellt sich auch Dieter Sauerhoff, Leiter des Freiherr-vom-Stein-Gymnasiums, schon einmal ein. Wie seine Kollegen habe er von dem Gesetz aus der Zeitung erfahren: „Als Signal begrüße icha das Verbot ausdrücklich – es löst nur nicht das Problem. Durch ein Rauchverbot wird kein Schüler zum Nichtraucher.“

Lisa Uphoff, in: FAZ-Net vom 28.1.2004