Der lange Weg zur letzten Kippe führt ins Web

(02.06.2001 14:18)

Es gibt eine Menge guter Gründe, mit dem Rauchen aufzuhören. Denn Nikotinsüchtigen droht Schreckliches: Krebs an Lunge, Speiseröhre, Mundhöhle oder Magen, Berlin (dpa) – Es gibt eine Menge guter Gründe, mit dem Rauchen aufzuhören. Denn Nikotinsüchtigen droht Schreckliches: Krebs an Lunge, Speiseröhre, Mundhöhle oder Magen, erhöhtes Risiko für Schlaganfall, Herzinfarkt, Raucherbein.
Und Unappetitliches: tiefschürfende Hustenanfälle am Morgen, vulkanöser Rauchgeruch in allen Klamotten, Falten in aschfahler Haut, gemein gelbe Fingerkuppen. Und schließlich Peinliches: verstohlene Toilettengänge in Nichtrauchergebäuden, verzweifeltes Kramen nach Kleingeld, nächtliche Fußmärsche zum Automaten.
Rauchen kann nicht so schön sein. Zum Weltnichtrauchertag an diesem Donnerstag präsentieren die Experten drastische Zahlen. Nach Angaben verschiedener Organisationen beschäftigen sich von den etwa 18 Millionen Rauchern in Deutschland etwa 80 Prozent immer wieder mit dem Aufhören. Doch der Weg zur letzten Kippe ist lang und schwer – und gute Vorsätze an Silvester, im grippalen Krankenbett oder zum runden Geburtstag sind meist nicht von großer Dauer. Nur zwei bis fünf Prozent derer, die ohne Hilfe aufzuhören versuchen, bleiben schließlich Nichtraucher.
Aber Unterstützung gibt es in Mengen: Kaugummis, Pflaster oder Nasensprays mit Nikotin, Selbsthilfebücher und -gruppen, Hypnose und Akupunktur. Besonders das Internet überflutet werdende Nichtraucher geradezu mit Ratschlägen und Unterstützung von der Deutschen Krebshilfe über den kommerziellen Entwöhnungsanbieter bis zur Schachtelhalmteetherapie.
Die «Raucheruhr» auf etlichen Sites zeigt beispielsweise auf, dass man schon nach ein bis neun Monaten Nichtrauchen wieder viel besser atmen kann und nach fünf Jahren das Lungenkrebsrisiko merklich sinkt. Unter www.rauchen.de kann sich jeder die Zwillinge Gay und Gwyn anschauen – und damit auch den Unterschied zwischen Raucher- und Nichtraucherhaut. Wer schon immer mal tiefer in die Materie einsteigen wollte, führt sich unter derselben Adresse Informationen über die Giftstoffe im Zigarettenrauch von A wie Arsenverbindungen bis Z wie Zinkoxid zu Gemüte.
Zur strengen Mahnung findet sich eine Liste prominenter Tabakopfer mit Namen wie Louis Armstrong, Count Basie, Leonard Bernstein oder Humphrey Bogart. Ein Anwalt hat auf seiner Homepage einen Entwurf für eine Regressklage von Alfons Krebs in der Hustenstraße im Angebot. Wem massive Drohungen helfen, der kann einen grausamen Anti-Nikotin- Vertrag schließen – wer rückfällig wird, muss in fünf Minuten 500 Gramm Salzstangen essen.
Auch Nichtraucher, die nach erfolgreicher Entwöhnung ein unbezähmbarer Missionsdrang befallen hat, finden im Internet Munition. Natürlich gibt es alles zum Nichtraucherschutzgesetz, zu Klagen gegen Tabakkonzerne und den volkswirtschaftlichen Kosten des Rauchens. Beim Nichtraucherclub kann man sich beispielsweise an der Aktion Gurkenglas beteiligen, bei der arme Raucherkollegen angehalten werden, ihre Kippen in ein solches zu kippen und zu zählen. Bei der Nichtraucherinitiative Berlin können entschiedene Non- Nikotinisten sich auch mit Gerichtsurteilen zum Schutz vor rauchenden Nachbarn versorgen. Mietminderung und fristlose Kündigung sind gegen solche Unbilden möglich. Ansonsten rät der Anbieter zur Vereinbarung von Lüftzeiten mit dem Nachbarn. Wem das nicht reicht, der soll seine Fenster mit Silikonstreifen abdichten.