Der Vorleser

von unserer Redakteurin Kristina Batzel (18.03.2009)

Vorlesen, Baden, Sex und Beieinanderliegen – ein Lustspiel zweier Menschen, deren Liebe keinerlei Zukunft hat. Während Kate Winslet in der Rolle von Hanna Schmitz den 15-jährigen Michael Berg, gespielt von David Kross, leidenschaftlich verführt, schlagen Kritiker empört die Hände über dem Kopf zusammen: zu sexistisch wird angeblich die Problematik des Nationalsozialismus und die Schuldfrage verharmlost. Die Verfilmung des Erfolgsromans „der Vorleser“ sorgt für großen Aufruhr und Empörung.

Kate Winslet und David Kross in „Der Vorleser“ (Szenenbild)

In den Fünfziger Jahren verliebt sich der junge Michael Berg in die 21 Jahre ältere Hanna Schmitz. Eine unvollkommene, jedoch erotische Liebe beginnt, die ihn sein Leben lang prägen wird. Er liest ihr vor und sie lieben sich. Doch die Schaffnerin hütet ein Geheimnis, das ihr zum Verhängnis wird. Michaels Welt zerbricht mit Hannas plötzlichem Verschwinden und erst Jahre später sieht er sie als Jurastudent im Gerichtssaal wieder. Hanna wird angeklagt als KZ Aufseherin hunderte von Menschen beim Todesmarsch geführt zu haben. Für Michael beginnt ein innerer Konflikt, ein Kampf zwischen Moral und Liebe, geprägt von unausweichlicher Schuld.

In dieser Geschichte werden sehr viele Themen zugleich angesprochen, und die eigentliche Verstrickung beginnt erst, als Michael Hannas Geheimnis lüftet: dass sie Analphabetin ist, das aber nicht zugeben kann und dadurch Ihr Schicksal erst seinen Lauf nimmt.

Eine leidenschaftliche Liebe, die Grauentaten des Nationalsozialismus und Moral- und Schuldfragen sind Themen, die Bernhard Schlink geschickt miteinander verknüpft und in Szene gesetzt hat. Ein Meisterwerk, dem nicht jeder Regisseur gewachsen ist. Mit viel Gefühl hat Stephen Daldry die Geschichte auf die Leinwand gebracht und auch die Hauptdarsteller gekonnt in Szene gesetzt. Doch warum dann all die Kritik?

 

Vorwürfe der Rezensenten, der Film würde die NS-Zeit in den Schatten stellen, Hanna von ihrer Schuld befreien und ein einziges Lustspiel sein, sind zu überspitzt. In dem Werk ist gerade die Verstrickung der vielen Themen das Beeindruckende und auch die Liebesgeschichte ein Hauptthema. Erotisch und freizügig werden die Szenen dargestellt, in denen sich Hanna und Michael lieben. Ebenso berechtigt hat Kate Winslet den Oscar verdient, denn sie hat ihre Rolle als die dominante Hanna Schmitz bemerkenswert umgesetzt.

Was nicht nur Kritiker erregt, sorgt auch in unserer Jahrgangsstufe 11, die den Roman bearbeitet und anschließend die Verfilmung gesehen hat, für Diskussionsstoff. Auch hier gehen die Meinungen auseinander. Während die einen den Film mit viel Lob beurteilen, sind andere kritischer. „Der Film hat mich überhaupt nicht überzeugt. Es wurde viel Augenmerk auf die falschen Szenen gerichtet. Wichtige Stellen blieben einfach aus“, beschwert sich zum Beispiel Henning Röhl aus der 11D.

Aber eine solche Geschichte dem Buch gemäß zu verfilmen ist eine große Herausforderung. Ob nun die ein oder andere Szene weggelassen wurde, spielt keine Rolle, denn der Film spiegelt trotz allem die vollständige Problematik des Buches wieder. Allemal ist „Der Vorleser“ eine sehenswerte Verfilmung.