Gott zeigt sich im Gehirn

Pressemeldungen (Rheinische Post vom 19.1.2007)

Uffe Schjödt forscht am Institut für Religionswissenschaften im dänischen Aarhus. Der Wissenschaftler hat die Hirnaktivitäten von gläubigen Erwachsenen untersucht, wenn sie zu Gott beten. Die zentrale Frage seiner Untersuchung lautete: „Hört da wirklich jemand zu?“ Dabei wurden emotionale Hirn-Regungen gemessen und miteinander verglichen. Die Untersuchungsgruppe bestand aus 20 strenggläubigen Christen und 20 Nichtgläubigen, die jeweils die gleichen Aufgaben bekamen

Gläubiger US-Christ
Quelle: dpa

Die Probanden lagen in einem Computertomographen. Einmal sollten sie ein persönliches Gebet an Gott richten. Ein anderes Mal sollten sie etwa dem Weihnachtsmann ihre Weihnachtswünsche mitteilen. Beides geschah in Gedanken und ohne Worte.
Die Analyse des Tomographen, der Blutströme im Gehirn misst, ergab, dass sich bei den strenggläubigen Versuchspersonen die Hirnaktivitäen beim Beten markant von denen unterschieden, die beim inneren Gespräch mit dem Weihnachtsmann gemessen wurden. Zusätzlich unterschieden sich die Gehrinaktivitäten der Gläubigen beim Gottesgebet deutlich von denen der Nichtgläubigen. Die Aktivitäten im emotionalen Zentrum des Gehirns nahmen bei ersteren deutlich zu. Nichts dergleichen geschah bei den Nichtgläubigen. „Die Aktivität, die im Gehirn auftritt, wenn Gläubige zu Gott beten, entspricht exakt den gleichen Mustern, die auftreten, wenn wir uns in einem sozialen Verhältnis mit einem Mitmenschen befinden“, sagt Schjödt.

   

 Mittelalterliche Gläubigkeit

 

Das ist für den Forscher zwar kein wissenschaftlicher Beweis für die Existenz Gottes. „Aber zu Gott zu beten kann nach unseren Ergebnissen damit verglichen werden, mit einem richtigen Menschen zu reden“, sagt er. Für strenggläubige Menschen sei das persönliche Gebet zu Gott nicht bloß eine abstrakte Handlung, habe die Untersuchung gezeigt. Wer also wirklich an Gott glaubt, für den existiert er emotional auch, so könnte das Ergebnis interpretiert werden. Schjödt und einige seiner Studenten von der religionswissenschaftlichen Fakultät Aarhus untersuchen bereits seit einiger Zeit Religion als kulturelles Gesellschaftsphänomen, indem sie Gehirnaktivitäten beobachten. Das erlaubt einen völlig neuen Ansatz.

 
Spanische Kirche  

„Soweit wir in die Geschichte der Menschheit zurückblicken können, gibt es keine einzige Kultur ohne Religion oder religiöse Ideen. Die neue Methode gibt uns endlich die Möglichkeit, Einsichten darüber zu gewinnen, wie sich die Religion in der menschlichen Psyche entwickelt“, sagt auch Armin Geertz, Professor am selben Institut. Die Studie ist noch nicht abgeschlossen. Mit einer Publikation in einer internationalen Fachzeitschrift rechnet Geertz frühestens im kommenden Jahr. Natürlich gebe es auch Kritik. Gerade die für die Versuchspersonen sehr unbequeme Lage in der Untersuchungsröhre mit festgeschnalltem Kopf und Ohrenschützern würde die ungestörte Ausübung von Gebeten stark beeinflussen.

Rheinische Post vom 19.1.2007