Grafik-Designer: Auftragskünstler am Computer

(24.11.2000 20:04)

Berlin/Neckargmünd (gms) – Kunst und Dienstleistung schließen sich eigentlich aus. Der Grafik-Designer muss beides verbinden: Er muss kreativ sein, seine Einfälle aber den Wünschen eines Auftraggebers unterordnen: «Der Grafik-Designer setzt eine Idee für eine Firma in eine Zeichnung oder Illustration um», erklärt Hermann Büchner, Öffentlichkeitsreferent beim Verband der Grafik-Designer in Berlin. Die Entwürfe können für einen Bucheinband, ein Plakat, eine Werbeanzeige oder ein CD-Cover bestimmt sein.
Weitere Arbeitgeber, für die Grafik-Designer in großer Zahl arbeiten, sind die Printmedien: Hier sind sie für das Layout von Zeitungs- oder Zeitschriftenseiten und die Typografie zuständig. Auch die Neuen Medien haben das Berufsbild verändert: «Der Grafik-Designer wird zunehmend an der Schnittstelle zur Programmierung arbeiten», sagt Peter Bischoff vom Berufsverband für freiberufliche Designer in Braunschweig. «Berufsanfängern bieten sich gute Einstiegsmöglichkeiten, wenn sie sich im Studium auf Web-Design spezialisiert haben», so Bischoff weiter.
Grafik-Designer werden an Fachhochschulen oder Universitäten für bildende Künste ausgebildet. Die praxisorientierten Studiengänge, die an vielen deutschen Hochschulen angeboten werden, heißen Kommunikations-Design oder Visuelle Kommunikation. Die Regelstudienzeit beträgt acht Semester. «Im Grundstudium lernen die Studierenden Zeichentechniken und den Umgang mit den einschlägigen Computerprogrammen», erläutert Andrea Rauschenbusch, Professorin im Fachbereich Design an der Fachhochschule Münster.
Auch Grundlagen in Produktionstechnik, Satztechnik, Mediendesign und Animation werden in der ersten Studienphase vermittelt. Etwa ab dem fünften Semester sollen Studierende aus dem Lehrangebot einen Schwerpunkt auswählen: Die grafische Umsetzung von Internet-Homepages, die Bearbeitung von Fotografien am Computer oder Animation und Trickfilm können Nachwuchs-Designer an vielen Hochschulen vertiefen. Wer sich für ein Studium bewirbt, muss Arbeitsproben aus Praktika und eine Mappe mit eigenen Zeichnungen einschicken.
Es gehört auch eine Portion Glück dazu, einen der Studienplätze zu ergattern: «Die Hochschulen sind völlig überlaufen. Auf 20 Studienplätze kommen mehr als 400 Bewerbungen», sagt Tina Ceh. Sie studiert im vierten Semester an der privaten Frankfurter Akademie für Kommunikation und Design (FAKD). Tina bezahlt für ihr Studium 550 Mark im Monat. Für die kostenpflichtige Ausbildung hat sie sich entschieden, nachdem ihre Bewerbung an verschiedenen Fachhochschulen fehlgeschlagen war. «Ich habe schon immer gern gezeichnet. Deshalb war für mich klar, dass ich Grafik-Design studieren wollte», so die 22-Jährige.
«Auch wenn ich als Grafik-Designer wohl künstlerisch nicht immer meinen eigenen Kopf durchsetzen kann: Kunstgeschichte oder freie Kunst zu studieren, wäre mir zu trocken. Und die Chancen auf dem Arbeitsmarkt sind sehr schlecht mit diesen Abschlüssen», fügt sie hinzu. Außerdem gefällt ihr das Zeichnen und das Bearbeiten von Bildern am Computer.
Ohne technisches Know-How kommt kein Grafik-Designer mehr aus, ob er in einer Agentur für Werbe- und Kommunikationsdesign arbeitet oder in einem Unternehmen mit Produktdesign beschäftigt ist. «Die erste Skizze entsteht immer noch auf dem Papier», sagt Martin Kaufmann, der in Eigenregie die Agentur Oktav in Neckargmünd führt. «Jeden weiteren Entwurf stelle ich aber am Computer her. Das ist heute Standard.» Der 48-jährige Kaufmann ist ein Quereinsteiger: Nach einem Soziologie-Studium machte er in Mannheim eine Ausbildung als Werbekaufmann und wechselte dann in die Design-Abteilung einer Bank, wo er das Layout für Prospekte und Kundenzeitschriften erstellte.
Weil ihm der kreative Spielraum in seiner Arbeit fehlte, gründete er anschließend seine eigene Firma. Heute arbeitet Kaufmann als Layouter für Buch- und Zeitschriftenverlage, entwirft aber auch Broschüren und Werbeanzeigen für Firmen. Dabei muss er viel Rücksicht auf die Vorstellungen seiner Kunden nehmen. Neben der Arbeit am Computer verbringt er die meiste Zeit in Meetings mit Auftraggebern, um Entwürfe für eine Anzeige oder einen Prospekt zu besprechen.
Spannend an seinem Beruf findet er den Moment, wenn er eine gelungene Kampagne abgewickelt hat. «Die Bilder in der ganzen Stadt plakatiert zu sehen, das ist ein tolles Gefühl», sagt er. Wichtige Voraussetzungen, um als Grafik-Designer zu arbeiten, sind für Kaufmann Fantasie und das Beherrschen der Zeichenprogramme am Computer. Auch kommunikativ und einfühlsam sollte ein Grafik-Designer sein: «Ich muss einen Kunden von meinen Ideen begeistern können», sagt er. Vor allem darf man als Berufsanfänger aber keine Angst haben, sich selbstständig zu machen: Die überwiegende Zahl der Grafik-Designer in Deutschland ist selbstständig.