Hohenheimer Studentenlernen Unternehmertum

(Ausbildung)

Stuttgart (dpa) – Wer Betriebswirtschaftslehre studiert, sollte anschließend wissen, wie man einen Betrieb bewirtschaftet. Wer aber sagt einem, wie man ein Unternehmen gründet? Auch dieses «vergessene Lehrfach» ist mittlerweile Gegenstand deutscher Hochschulen: Seit Ende der 90er Jahre sind gut zwanzig «Gründungslehrstühle» im Aufbau.
An der Universität Hohenheim kümmert sich seit diesem Semester Christoph Müller um studentische Unternehmerpersönlichkeiten. Mit der dunkelblauen Wachsjacke über anthrazitfarbenem Anzug fällt der 32- jährige Dozent zwischen seinen Studenten kaum auf. Als Inhaber eines Lehrstuhls für Entrepreneurship ist er überraschend jung. Seine erste Firma hat er im Vergleich mit manchen Jungunternehmern jedoch erst spät, nämlich im vergangenen Jahr, gegründet.
Nun will er den Studenten den Übergang von der Uni ins eigene Unternehmen erleichtern. Die Erfahrung steht dabei im Vordergrund: «Wir wollen keine Luftnummern», sagt Müller. Die Studenten sollen eigenständig Lösungen für konkrete Probleme entwickeln. Statt einer Seminararbeit erarbeiten sie eher eine Kundenwertanalyse für Porsche oder ein Controlling-System für ein Biotech-Unternehmen. «Nicht nur theoretisches Wissen, sondern auch Führungskompetenz muss an der Uni gelernt werden», sagt Müller. Mittelfristig will er an dem Lehrstuhl auch studentische Existenzgründungen betreuen.
Das Wahlfach «Entrepreneurship» steht allen Fachrichtungen offen. Derzeit besuchen jedoch fast ausschließlich «Wiwis» – Studenten der Wirtschaftswissenschaften – die Veranstaltungen. «Wir müssen an den anderen Fakultäten noch mehr Werbung machen», sagt Müller. Seine Studenten sind begeistert. «Wir werden hier mit echten Unternehmen konfrontiert und machen wichtige Erfahrungen», sagt Mustafa Erdal, der demnächst ein internationales Unternehmen gründen will. Sein Kommilitone Joachim, der ein mittelständisches Familienunternehmen erben wird, stimmt ihm zu: «Zum Glück wird hier nicht nur Lehrbuchwissen vermittelt.»
Wie die meisten anderen Gründungsprofessoren verdankt sich auch der Hohenheimer Stiftungslehrstuhl einer Privatinitiative. Der Unternehmer Karl Schlecht, der das Putzmeister-Werk gründete und zur ersten Umsatzmilliarde führte, finanziert das Projekt in den kommenden zehn Jahren über seine Stiftung. Wenn es sich bewährt, wird anschließend das Land Baden-Württemberg einspringen.