Lacoste es, was es wolle

Von unserer Redakteurin Janina Schmidt (14.12.2008)

Tochter: „Ich will aber genau diese Schuhe haben und keine anderen.“ Mutter: „Die anderen sehen doch fast genauso aus. Für das Geld könnte ich mir drei verschiedene Paar Schuhe kaufen!“ Bei diesem Mutter-Tochter-Dialog geht es allerdings nicht um ein einfaches Paar Schuhe, sondern um eine ganz besondere Marke- ein Punkt, in dem die Mutter ihre Tochter nicht versteht.

 
Der Markenwahn schlägt ohne Rücksicht zu
 

Schon lange beherrschen Markenwaren das Äußerliche vieler Schüler. Sei es die Rolex, die es von Papi zu Weihnachten gab, die Carharrt-Jacke, die Mami für die Eins in Mathe mitgebracht hat oder eben die gewissen Schuhe von Lacoste. Die meisten Schüler leben nun mal treu dem Motto „Lacoste es, was es solle“, denn mit dem Argument, die Anderen trügen doch auch alle Markensachen, lässt sich Papi schnell überzeugen. Selbst an der Kasse lässt sich Paps sein Erstaunen über den Preis, den ihm die Kassiererin sagt, nicht anmerken und zückt schnell das goldene Wundermittel- DIE Lösung für jegliche Probleme in Sachen Geld.

Dass sich allerdings nicht alle Mitschüler diese Klamotten leisten können, haben die Markenfetischisten sicherlich auch schon festgestellt. Dennoch infizieren sie mit ihrem Trend immer mehr ihrer Mitschüler, die nachmittags an den Wühltischen bei Pohland, Heinsius und Sander und Co. anzutreffen sind. Dass dadurch aber ein immer größerer Wert auf äußerliche Erscheinungen gelegt wird, stört hierbei keinen der betroffenen Personen. Ganz im Gegenteil, man muss schon Respekt vor denen haben, die sich diesem Markenwahn widersetzen, denen es nichts ausmacht, auch einmal bei KiK einzukaufen und die böse Blicke auf dem Schulhof abschütteln, ohne auch nur mit der Wimper zu zucken.

Thorsten F. (Name von der Redaktion geändert) ist zum Beispiel einer von diesen. Er interessiert sich nicht für Marken und findet die Beschränkung auf äußere Erscheinungen „echt dämlich“. Es macht ihm nichts aus, wenn er auch mal nur bei KiK einkauft, denn im Gegensatz zu vielen anderen Schülern, die von den Markenprollos ausgegrenzt und gemobbt werden, wird er in seinem Freundeskreis vollkommen akzeptiert. Deshalb erklärt er auch: „Das wären keine echten Freunde, wenn sie mich wegen Marken unter Druck setzen würde.“ Dann kann man auch verstehen, dass er mit der zunehmend größeren Gruppe der Markenträger nichts zu tun haben will.

Da nicht alle Schüler so denken wie Thorsten, eventuell auch nicht genug Selbstvertrauen besitzen um sich dieser Herausforderung zu stellen und sich dem Markenwahn zu widersetzen, ist es nicht verwunderlich, dass immer mehr Bench-Jacken über den Schulhof laufen. Wer also freiwillig auf ein weiteres Paar Schuhe verzichtet, nur um sich die bereits erwähnten Schuhe von Lacoste zu holen, scheint rein logisch betrachtet die Markenwaren nicht nur zu kaufen, weil sie ihm besonders gut gefallen, sondern um ein gewisses Ansehen unter den Mitschülern zu erreichen. Doch wer in dieser Einstellung verbleibt, hat falsch gedacht. Da es immer mehr Schüler gibt, die dem Markenwahn folgen, ist man als Neu-Markenfetischist ganz einfach Einer unter Hunderten, und nicht, wie sicherlich einige Schüler denken, ein ganz besonderes Individuum.

Was bereits zu Zeiten von Bertolt Brecht galt, wird also auch zukünftig immer mehr zu einem gesellschaftlichen Problem: „Kleider machen Leute“.