Neue Gefährdungspotenziale

(16.05.2004 23:32)

Nach Auskunft von spanischen Psychologen steht es schlecht um die psychische Verfassung der Kinder und Jugendlichen und damit gut für ihre eigene Profession. Kinderpsychologie sei praktisch nicht vorhanden, aber 30 Prozent der Kinder im Schulalter würden eigentlich die Dienste von Kinderpsychologen benötigen, um nicht in eine „komplexe psychopathologische Entwicklung“ zu geraten.

Besonders gefährdet seien die Kinder, so Aquilino Polaino, Direktor des Instituts für Psychologie an der Universität San Pablo in Madrid auf einer Tagung, durch das Internet und Computerspiele. 30 Prozent der Kinder und Jugendlichen, die das Internet benutzen oder sich mit Computerspielen beschäftigen, würden danach süchtig werden. Süchtig werden könnten sie aber auch nach den sexuellen Inhalten, die sie im Netz finden.

5 Prozent aller Kinder würden unter Hyperaktivität oder der Aufmerksamkeitsstörung leiden. Das könne zu sozialem Scheitern und Abweisung durch die Gleichaltrigen führen. Bei frühzeitiger Diagnose und Behandlung könne man aber das Problem bei 30 Prozent der Kinder beheben, das ansonsten zu Persönlichkeitsstörungen oder psychopathologischem Verhalten führen könne.

Nach den Psychologen wären durch Internet- und Spielesucht also 30 Prozent einer Generation gefährdet, denn Computerspiele und Internet werden bald alle Kinder benutzen. Vermutlich verändern sich auch psychische Strukturen durch den Umgang mit bestimmten Medien, mit denen man von früh an aufwächst. Ob man Neugier und eine zeitweise intensive oder auch zwanghafte Beschäftigung damit schon gleich als Sucht beschreiben und behandeln soll, ist allerdings schon fraglich. Übermäßigkeit bei manchen Beschäftigungen mag auch zu kindlichem und jugendlichem Verhalten gehören, um etwas auszutesten oder Kompetenzen zu erwerben. Früher haben Kulturkritiker beispielsweise auch von Lesesucht und den schwerwiegenden Folgen des Abdriftens in die textuellen Fantasiewelten gesprochen, was man heute gar nicht mehr hört. Oder wenn Kinder beispielsweise jeden Tag Fußball spielen gehen, käme wohl auch niemand darauf, von einer Sucht zu sprechen.

Florian Rötzer, 10.05.2004