Schüler-Nebenjobs: Geld für Party und Piste

(02.06.2001 14:17)

Luise geht zwei Mal in der Woche babysitten. Außerdem gibt sie noch Nachhilfe, weil es ihr Spaß macht. Hamburg (gms) – Luise geht zwei Mal in der Woche babysitten. Außerdem gibt sie noch Nachhilfe, weil es ihr Spaß macht. So verdient die 18-Jährige ihr eigenes Geld und ist unabhängiger von den Eltern. So wie Luise arbeiten auch viele ihrer Schulkameraden des Gymnasiums Hochrad in Hamburg in einem Nebenjob, um sich Dinge zu kaufen, die allein vom Taschengeld nicht zu bezahlen sind. «Wir wollen Geld verdienen, um ausgehen zu können. Die Älteren kaufen sich von ihrem Verdienten aber auch schon Autos», sagt Luises Freundin Julia.
«Schüler in der Stadt arbeiten, um sich die neueste Mode und teure Markenprodukte leisten zu können», bestätigt auch Christian Palentien von der Universität Bielefeld. Der Pädagoge bemängelt, dass in vielen Fällen das Lernen durch die Arbeit leide. Durch das Jobben werde aber auch die Erholungszeit immer kürzer, «die Kinder und Jugendliche benötigen, um für den nächsten Schultag fit zu sein», so der Pädagoge.
Nach einer Untersuchung des Instituts für Kinder- und Jugendforschung iconkids&youth in München, hatten 13- und 14-Jährige 1999 monatliche Einnahmen von durchschnittlich 97 Mark durch Nebenjobs. Die 15- bis 16-jährigen Jugendliche verdienten demnach sogar rund 185 Mark, und 17-Jährige gingen mit 240 Mark nach Hause.
Auch rechtlich ist beim Jobben einiges zu beachten: Viele Schüler unterliegen dem Jugend-Arbeitsschutz-Gesetz (JArbSchG). «Grundsätzlich dürfen Kinder nicht arbeiten», sagt Rechtsanwalt Dieter Spürck von der Arbeitsgemeinschaft Kinder- und Jugendschutz (AJS), Landesstelle Nordrhein-Westfalen in Köln. Für Jugendliche ab 15 Jahren, die der Vollzeitschulpflicht unterliegen, gibt es aber Ausnahmen: Während der Schulferien ist es erlaubt, für höchstens vier Wochen pro Kalenderjahr zu arbeiten. Und zwar bis zu acht Stunden täglich und höchstens 40 Stunden wöchentlich.
In ländlichen Regionen arbeiten Kinder und Jugendliche weniger, um sich Statussymbole zu kaufen – die Familien brauchen oft immer noch die Arbeitskraft ihrer Kinder: «Die Jungen und Mädchen müssen schon teilweise im Grundschulalter im Familienbetrieb mithelfen», sagt Christian Palentien. Nach dem Jugendschutzgesetz dürfen Kinder, die älter als 13 Jahre sind, in der Landwirtschaft arbeiten – allerdings täglich nur drei Stunden und nicht zwischen 18.00 und 08.00 Uhr. Jugendliche über 16 Jahre können während der Erntezeit allerdings bis zu neun Stunden täglich beschäftigt werden.
Die negativen Auswirkungen von Schülerarbeit hatte Peter Koj, pensionierter Lehrer aus Hamburg, schon während seiner Dienstzeit gespürt: «Bestimmt die Hälfte der Schüler hat gearbeitet. Sie waren oft müde und unkonzentriert.» Laut Koj hatten die Jobs der meisten Schüler nichts mit der Schule oder einem späterem Studium zu tun. Zudem seien soziale Kontakte wie Schülertreffen oder einzelne Projekte immer mehr in den Hintergrund gerückt.
«Viele Eltern wissen nicht immer, wie viel ihre Kinder arbeiten», sagt Luise. Sie jobbe sechs Stunden die Woche und verdiene dabei 70 Mark. Die Schule vernachlässige sie dadurch nicht. «Wie viel man jobbt, muss man selbst entscheiden», so die Hamburger Gymnasiastin. Ihre Freundin Julia macht sich keine Gedanken darüber, ob die Arbeit ihre Noten oder sogar ihren Abschluss beeinflussen könnte: «Keiner weiß doch was morgen ist. So geben wir lieber jetzt das Geld für unseren Spaß aus.»