Selbstbehauptungskurse

(27.06.2004 14:59)

Zur Verhinderung von Gewalt auf Schulhöfen müssen Lehrer in Deutschland nach Ansicht eines Psychologen besser geschult werden. Die Schulen hätten die Pflicht, Kinder zu schützen. Wenn sie dieser Aufgabe nicht nachkämen, sei dies ein «ganz großer Verrat» an
den Schülern, sagte der Hamelner Diplom-Psychologe Michael Heilemann in einem dpa-Gespräch. Heilemann ist Mitbegründer eines Anti-Aggressivitäts-Trainings (AAT), bei dem Lehrer in Selbstbehauptungskursen auf brenzlige Situationen an Schulen vorbereitet werden.

«Die Reihenfolge ist: Erst Gewalt stoppen, dann therapieren», sagte Heilemann. Damit Lehrer dazu in der Lage sind, müssten sie zunächst in Sport-und Selbstverteidigungskursen den eigenen Körper entdecken. «Ein Mensch kann sich erst verteidigen, wenn er sein Ich ausbildet», erläuterte der Psychologe.

Bei Deeskalationsübungen müsse der Pädagoge dann lernen, Streit zu schlichten, ohne selbst körperliche Gewalt einzusetzen. «Er muss also verstehen, dass er ein Verteidiger ist für sich, für die Opfer und letztlich auch für die Täter. Ein Verteidiger muss aber zumindest theoretisch immer stärker sein als ein Angreifer.»

Als Folge solcher Kurse könne innerhalb eines Lehrerkollegiums eine Art «Schutzlehrergruppe» gebildet werden, die es als vorrangige Aufgabe ansieht, Schüler vor Gewalt durch Mitschüler zu schützen. Dieses Verantwortungsgefühl bringe den Lehrern Selbstsicherheit und Souveränität. «Er ist endlich nicht mehr der Weggucker und derjenige,
der mit Schuldgefühlen nach Hause geht», sagte Heilemann. In der Jugendanstalt Hameln wird das AAT zum Beispiel eingesetzt.