Studieren «down under» – Australien ist noch ein Geheimtipp

(08.06.2001 18:27)

Berlin/Bonn (gms) – Sonne, Strand und Abenteuer – Australien gilt alsTraumreiseziel. Doch als Studienort fristet der Kontinent auf der Südhalbkugel in Deutschland noch ein Schattendasein: Lediglich 539 deutsche Studierende, so das australische Bildungsministerium, waren im vergangenen Jahr an Universitäten in Australien eingeschrieben. Zum Vergleich: Jeweils rund 10 000 Studierende aus Deutschland zog es in die USA und nach Großbritannien.
«Australien hat sich als Studienort in Deutschland noch nicht herumgesprochen», sagt Andreas Schleicher, Bildungsexperte bei der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) in Paris. «Dabei ist der akademische Standard der Universitäten sehr hoch.» Besonders hervorzuheben seien die enge Verzahnung von Forschung und Lehre, das vielfältige Fächerangebot sowie die günstige Relation von Studierenden und Lehrkräften.
«Die australischen Hochschulen können problemlos mit denen in Großbritannien und den USA mithalten», urteilt auch Professor Gerd Dose, Australien-Experte am Institut für Anglistik und Amerikanistik an der Universität Hamburg. «Allerdings genießen sie in Deutschland nicht das gleiche Prestige.»
Das ist in anderen Ländern nicht so: Fast 13 Prozent aller Studierenden auf dem Fünften Kontinent kommen nach OECD-Angaben aus dem Ausland – eine Quote, die nur noch von der Schweiz und Luxemburg übertroffen wird. Vor allem in Asien hat sich Australien als Studienalternative zu den USA etabliert. 82 Prozent der 95 000 Gaststudenten kamen im vergangenen Jahr aus asiatischen Ländern, so das australische Bildungsministerium. Ihre deutschen Kommilitonen nahmen mit 0,5 Prozent aller Übersee-Studierenden eine eher bescheidene Stellung ein.
Einer von ihnen ist Alexander Ziem, Philosophie- und Germanistik-Student aus Köln. Er studierte im vergangenen Jahr ein Semester an der University of Melbourne. «Australien war schon immer mein Kindheitstraum. Neben dem hochwertigen Studium konnte ich das Land kennen lernen», erzählt Ziem. Für ihn sei der Studienaufenthalt eine optimale Verbindung von persönlicher Horizonterweiterung und Zusatzqualifikation gewesen.
Langsam bildet sich auch hier zu Lande ein Trend zum Studienort Australien aus. Die Zahl der deutschen Studierenden hat sich nach Angaben des Bundesministeriums für Bildung und Forschung in Berlin seit 1997 fast verdoppelt. Dagegen sind die deutschen Studierendenzahlen in Großbritannien und den USA im selben Zeitraum nur um knapp zehn Prozent gestiegen.
«Mit den Olympischen Spielen ist Australien stärker in den Blickpunkt gerückt», sagt Gernot Gad, Referatsleiter beim Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD) in Bonn: «In den vergangenen Jahren haben sich die Stipendienanträge für Australien verdoppelt. Die Tendenz ist weiter ansteigend.» Zugleich hätten die australischen Hochschulen auch in Deutschland an Prestige gewonnen, erklärt Gad.
Die intensive Betreuung der Studierenden, die gute Ausstattung und das hohe akademische Niveau der Universitäten haben allerdings ihren Preis. Für ein Semester an einer australischen Hochschule fallen Studiengebühren von 7000 bis 10 000 Mark an. Dennoch liegen die Kosten etwa in den USA mit bis zu 25 000 Mark pro Semester wesentlich höher. «Im Gegensatz zu vielen US-Unis ist das Preis-Leistungs-Verhältnis der meisten australischen Hochschulen sehr günstig», sagt OECD-Experte Schleicher. Gleiches gilt für die Lebenshaltungskosten, die in Australien etwa auf deutschem Niveau liegen.
Bleibt das Problem des australischen Dialekts. «Die meisten Australier sprechen Varianten des britischen Englisch, die nur unwesentlich vom Standardenglisch abweichen», sagt dazu Professor Dose. In England gebe es teilweise ausgeprägtere Dialekte, findet er. Deutsche Studierende bräuchten also nicht zu befürchten, sich in Australien ihr Englisch zu «verderben». Verständigungsprobleme konnte auch Ronnie Koch nicht feststellen. Der Volontär aus Berlin studierte 1999 sechs Monate an der Queensland University of Technology in Brisbane. Das Aussie-Englisch sei sympathisch und absolut verständlich, lautet sein Urteil. «Ich ziehe es dem amerikanischen Slang und dem steifen britischen Englisch sogar vor.»
Wer sich schließlich für einen Studienaufenthalt «down under» entschieden hat, sollte mindestens ein Jahr im Voraus mit der Planung beginnen, empfiehlt Gad. Der einfachste Weg an eine australische Uni führt über ein Austauschprogramm der Heimatuniversität. Ansonsten bleibt die Direktbewerbung für ein so genanntes Study Abroad Program an einer Hochschule. Dabei können die Studierenden verschiedene Fächer mehrere Semester lang studieren. Für die Dauer des Auslandsstudiums ist eine Beurlaubung an der Heimatuni zu empfehlen. Eine längere Abwesenheit sollte mit dem jeweiligen Akademischen Auslandsamt abgesprochen werden. Die Anerkennung der Studienleistungen in Deutschland ist in der Regel kein Problem, sollte aber ebenfalls im Vorfeld geklärt werden.
Für die Finanzierung des Studienaufenthalts kommen Stipendien des DAAD, der politischen Bildungswerke und privater Träger wie etwa der Carl-Duisberg-Gesellschaft in Frage. BAFöG-Berechtigte erhalten Auslandszuschläge und eine Bezuschussung der Studiengebühren. Die letzte Hürde ist der Englisch-Sprachtest TOEFL, der vor der Bewerbung in Deutschland abgelegt werden muss.

Informationen: Gernot Gad, Referent beim Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD) für den Regionalbereich Australien, Neuseeland, Japan, Korea, Indonesien und Ozeanien (Tel.: 0228/882-334, E-Mail: gad@daad.de, Internet: http://www.daad.de);
– Andreas Schleicher, Bildungsexperte bei der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) in Paris (Tel. von Deutschland: 00331/45 24 93 66, E-Mail: andreas.schleicher@oecd.org, Internet: http://www.oecd.org);
– Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF), Statistikreferat (Tel.: 0228/570, Internet: http://www.bmbf.de);
Informationen des DAAD finden sich im Internet unter http://www.daad.de/info-f-d/index.html; Wissenswertes über den erforderlichen Sprachtest lässt sich unter http://www.toefl.com einsehen. Die Australische Botschaft in Berlin ist unter http://www.australian-embassy.de zu erreichen.