TV-Sendungen zeigen Gewalt

(25.02.2005 21:14)

Kinder könnten fiktionale Gewaltdarstellungen als Abbild realer Gewalt missverstehen, warnte die Medienwissenschaftlerin Petra Grimm am Donnerstag bei der Vorstellung einer neuen Studie über Gewalt im Fernsehen.

München (ddp-bay). Wissenschaftler sehen in der zunehmenden Vermischung von Fiktion und Realität im Fernsehen eine Gefährdung für jüngere Zuschauer. Kinder könnten fiktionale Gewaltdarstellungen als Abbild realer Gewalt missverstehen, warnte die Medienwissenschaftlerin Petra Grimm am Donnerstag bei der Vorstellung einer neuen Studie über Gewalt im Fernsehen. Diese ergab, dass Gewaltdarstellungen in fast zwei Drittel aller Sendungen gezeigt werden.

„Kein Sender kann sich einen Heiligenschein aufsetzen“, betonte die Wissenschaftlerin. Der Leiter der Medienforschung bei der ARD, Camille Zubayr, erwiderte, Gewalt sei ein „integraler Bestandteil“ von Krimis sowie Nachrichten. ProSieben-Unternehmenssprecher Christoph Körfer sagte, mit Gewalt allein sei aber keine Quote zu machen.

Die Leiterin der Stabsstelle der Kommission für Jugendmedienschutz, Verena Weigand, warf sowohl den öffentlich-rechtlichen als auch den privaten Sendern vor, etwa im Vorspann oder in Trailern die Zuschauer „ganz bewusst“ mit einem hohen Anteil an Gewalt zum Einschalten bewegen zu wollen. Inbesondere in sozial schwachen Schichten laufe der Fernseher den ganzen Tag, ergänzte die wissenschaftliche Direktorin des Münchner Instituts für Medienpädagogik in Forschung und Praxis, Helga Theunert. Kinder könnten so unkontrolliert Gewaltdarstellungen konsumieren.

Sorge bereitet Grimm auch das Ergebnis, dass Unterhaltungsformate Gewalt häufig im Kontext von „Alltag und Familie“ sowie „Ehe und Beziehung“ zeigen. Jüngere Zuschauer könnten dadurch verängstig werden. Gewalt wird der Studie zufolge auch immer realistischer dargestellt und selten kritisiert. Dies könne insbesondere für Kinder problematisch sein, weil sie bei der Bewertung des Gezeigten allein gelassen werden.

Den höchsten Gewaltanteil weisen der Untersuchung zufolge sogenannte Reality-Formate auf, bei denen die Realität nachgeahmt, künstlich hergestellt oder Realität und Fiktionalität dramaturgisch vermischt werden. 6,5 Prozent der untersuchten Sendezeit entfielen auf Gewaltdarstellungen. In Nachrichtensendungen, bei denen Gewalt nach Angaben Grimms naturgemäß einen hohen Nachrichtenwert hat, mache der Anteil dagegen nur 5,5 Prozent aus. „Je weniger Nachrichten ein Sender ausstrahlt, desto mehr Gewalt wird darin gezeigt“, stellte die Wissenschaftlerin als weiteres Forschungsergebnis fest.

Donnerstag, 2.03.2005, 16:31