Zivildienst nicht nur ableisten – Möglichkeiten zur Weiterbildung

(20.01.2001 02:01)

Köln (gms) – Viele junge Männer mögen in ihm nur eine lästige Pflicht sehen, andere die bessere Alternative zum Dienst an der Waffe. Doch der Zivildienst sollte nicht als verschenktes Jahr betrachtet werden. Neben der alltäglichen Arbeit etwa im Altenheim oder im Krankenhaus, bei der immerhin wichtige soziale Kompetenzen erlernt werden, können Zivildienstleistende Seminare zur politischen Bildung belegen, sich in ihrem bereits erlernten Beruf weiterbilden oder Vorbereitungskurse zum Studium besuchen.
Im vergangenen Jahr war mehr als die Hälfte der rund 120 000 «Zivis» – 57,4 Prozent – in der Pflegehilfe und in Betreuungsdiensten tätig. Es liegt auf der Hand, dass dabei nur wenige von ihnen praktische Fähigkeiten für ihren späteren Beruf erlernten. Damit die jungen Männer dennoch keine beruflichen Nachteile erleiden, sieht der Gesetzgeber eine «Berufsförderung für Zivildienstleistende» vor.
Wer schon einen Beruf erlernt hat, darf während seiner Dienstzeit an Fortbildungsmaßnahmen teilnehmen. Diese Möglichkeit haben in diesem Jahr rund 15 000 Zivildienstleistende genutzt, so die Angaben des Bundesamtes für den Zivildienst in Köln. «Besucht werden können zum Beispiel Computerseminare oder Volkshochschulkurse, die im Zusammenhang zur beruflichen Qualifikation stehen», erklärt Monika Funken, Pressesprecherin des Bundesamtes.
Durch die «Berufsförderung für Zivildienstleistende» werden zudem Maßnahmen unterstützt, die zu einem Schulabschluss führen. Nicht gefördert werden so genannte freizeitorientierte Maßnahmen – dazu gehören zum Beispiel Sprachkurse. Auch der Erwerb der Fahrerlaubnis werde nur unterstützt, wenn der Führerschein für die Eingliederung in einen Beruf notwendig ist, der als dauernde Lebensgrundlage dienen soll.
Für die berufsfördernden Bildungsmaßnahmen wird der Lernwillige jedoch nicht vom Dienst frei gestellt – die Kurse müssen außerhalb der Arbeitszeit besucht werden. Allerdings solle die Dienststelle dem Zivildienstleistenden entgegen kommen, indem der Schichtplan entsprechend gestaltet wird, heißt es in den Richtlinien zur Berufsförderung. «Das Bundesamt selbst gibt finanzielle Zuschüsse», sagt Monika Funken. Insgesamt dürfen diese Zuschüsse für die Gesamtdauer des Dienstes eine Summe von 1 300 Mark nicht überschreiten. Der Antrag auf finanzielle Hilfe muss mit einem Formular bei der zuständigen Verwaltungsstelle eingereicht werden.
Das Bundesamt selbst bietet «Staatsbürgerliche Seminare» an. «Darin werden aktuelle politische und gesellschaftliche Themen wie zum Beispiel die Globalisierung behandelt», erklärt Rheinhardt Hauf, Referent für Bildungsmaßnahmen. Die mehrtägigen Kurse werden von unabhängigen Gastdozenten aus der politischen Jugend- und Erwachsenenbildung durchgeführt. Der Dozent referiere zunächst, sagt Hauf. Danach würden einzelne Aspekte in Gruppenarbeit vertieft und zum Schluss in der ganzen Runde diskutiert. Besonders anzukommen scheint das Angebot bei den jungen Männern nicht unbedingt: Mit 7 500 Teilnehmern 1999 ist der Zuspruch eher gering gewesen.
Das Problem kennt auch Hans-Joachim Stuck, Pastor in Hamwarde (Schleswig-Holstein), der außerdem als Seelsorger für die Zivildienstleistenden im Kirchenbezirk Nordelbien fungiert. «Es gibt halt noch viele andere Möglichkeiten, seine Freizeit zu gestalten.» Sowohl evangelische als auch katholische Kirche bieten im Rahmen der Zivildienstseelsorge so genannte Rüstzeiten mit verschiedenen Schwerpunkten an: «In unserem Seminar „Das Leben ist eine Baustelle“ reden wir zum Beispiel über die Zukunftsplanung», sagt Stuck.
Um mehr Teilnehmer in die Kurse zu bekommen, müsse man aber auch einfachere, eher Freizeit orientierte Angebote machen, so Stuck. Dazu zähle zum Beispiel eine Segeltour auf einem alten Ewer. Während der Rüsttage, die in der Regel von Montag bis Freitag dauern, leben und arbeiten je nach Art der Veranstaltungen bis zu 20 Teilnehmer unter einem Dach. «Gekocht wird in Selbstverpflegung.» Für viele Teilnehmer sei es der erste Kontakt mit Kirche seit langem.
Die von den Kirchen angebotenen Werkwochen und Rüstzeiten sollen den Zivildienstleistenden die Möglichkeit geben, sich über ihre Arbeit auszutauschen. Dafür haben sie während ihrer Dienstzeit mindestens einmal das Recht auf einen Sonderurlaub von bis zu fünf Tagen – aber nur, wenn dienstliche Belange dem nicht entgegenstehen. Zu den Fahrtkosten werden Zuschüsse durch den Veranstalter gezahlt. Die Dienststelle kommt für die Dauer der Veranstaltung für die Verpflegungskosten auf.
Auch aufs Studium können sich «Zivis» vorbereiten: Das Fernstudienzentrum Karlsruhe zum Beispiel bietet Kurse im Präsenz- und Fernunterricht an, in denen die Zivildienstleistenden ihre Kenntnisse beispielsweise in der Mathematik auffrischen können – für den Fall, dass sie Wirtschafts- oder Ingenieurwissenschaften studieren wollen.
Sonderurlaub gibt es auch für jede Teilnahme an Prüfungen oder Auswahlverfahren sowie für Bewerbungsgespräche. Dafür muss lediglich Sonderurlaub beantragt werden, die Dauer der Abwesenheit darf im Einzelfall nicht mehr als fünf Tage betragen. Freie Tage lassen sich allerdings nur schwer erschummeln – der wichtige Termin muss nachgewiesen werden.