Von unserem Redakteur Christian Heine (02.10.2003 23:56)
„Sagt dir der 3. Oktober etwas?“ – „Ja , da haben wir frei !“ oder „Das ist doch ein Feiertag?“ oder „Ist das nicht der Tag der Einheit?“ oder “ Was da war, weiß ich auch nicht genau!“ Diese Antworten sind nicht repräsentativ, aber aufschlussreich. Warum feiern wir ihn nicht am 2. oder 4. Oktober oder am 17. Juni, wie es früher war? Für alle, die sich diese Fragen auch schon mal gestellt haben, hier ein paar Fakten:
So sieht Geschichte aus
Die Teilung unseres Vaterlandes in BRD und DDR war ein Ergebnis des 2. Weltkriegs. Das Ziel der Wiedervereinigung stand seit Gründung der Bundesrepublik in unserem Grundgesetz. In einer Phase, in der der sowjetische Staats- und Parteichef Gorbatschow mit umfassenden Reformen die Vorherrschaft über den Ostblock aufgab und den Weg zur Demokratisierung wies, nutzten Polen und Umgarn den neuen Spielraum. Im Mai 1989 fiel der „Eiserne Vorhang“ in Ungarn, tausende DDR-Bürger fliehen über Ungarn in die BRD und die Oppositionsbewegung in der ehemaligen DDR wächst. Die Feiern zum 40. Jahrestag der DDR-Gründung am 7. Oktober 1989 werden zum Fiasko. Der Rücktritt von Erich Honnecker als Generalsekretär der SED leitet den Zusammenbruch ein. Am 8. November tritt das Politbüro der SED zurück und am 9. November wird am Abend die Berliner Mauer geöffnet. Es spielen sich unbeschreibliche Szenen ab.
Am 18. März finden 1990 die ersten freien Volkskammerwahlen statt. Die neue Regierung unter Lothar de Maiziere unterzeichnet am 18. Mai 1990 den Vertrag über die Wirtschafts-, Währungs- und Sozialunion mit der BRD. Am 1. Juli 1990 übernimmt die DDR das Wirtschaftssystem der Bundesrepublik. Mit den Verhandlungen über einen Einigungsvertrag beschließt die Volkskammer am 23. August 1990 den Beitritt zum Geldungsbereich des Grundgesetzes zum 3. Oktober.
Aufgrund der Rechte und Verantwortlichkeiten der vier Siegermächte des Zweiten Weltkrieges für Deutschland als Ganzes und Berlin ist eine Wiedervereinigung ohne deren Zustimmung nicht möglich. Als schließlich auch die Sowjetunion erkennt, dass die Wiedervereinigung nicht aufzuhalten ist, einigen sich die Siegermächte im Februar 1990 auf gemeinsame Verhandlungen mit den beiden deutschen Staaten: Den sogenannten Zwei-plus-Vier-Gesprächen. Im „Vertrag über die abschließenden Regelungen in bezug auf Deutschland“ vom 12. September 1990 werden dann die völkerrechtlichen Aspekte der Wiedervereinigung geregelt. Deutschland erhält damit auch wieder seine volle Souveränität zurück.
In der Nacht zum 3. Oktober 1990 feiern tausende Menschen vor dem Reichstagsgebäude in Berlin den Beitritt der DDR zum Bundesgebiet. Damit ist die staatliche Einheit Deutschlands nach 45 Jahren wiederhergestellt. Am folgenden Tag treten im Reichstag 663 Abgeordnete des Bundestages und der Volkskammer zur ersten Sitzung des ersten gesamtdeutschen Bundestages zusammen. Die Neuwahl zum Bundestag am 2. Dezember 1990 ist die erste freie gesamtdeutsche Parlamentswahl seit 1933. Damit ist der Waffenstillstand des 2. Weltkriegs überwunden und Frieden herbeigeführt.
Vielleicht sollten die Lehrer den Schülern verstärkt den historischen Hintergrund erklären. Es stellt sich auch die Frage, ob wir was zu feiern haben. Wenn ich die Zeitung lese oder Nachrichten schaue, sehe ich oft, dass Ost- und Westdeutsche unzufrieden sind. Westdeutsche klagen, dass sie wohl noch in vielen Jahren den Solidaritätsbeitrag zahlen müssen, um die fünf neuen Bundesländer auf den Stand der BRD zu bringen. Außerdem meinen viele Politiker, dass die Ost – West -Trennung weiterhin in den Köpfen der Bundesbürger existiere. Andererseits ist die Vereinigung von Ost- und Westdeutschland eines der wenigen historischen Beispiele eines friedlichen Annäherungsprozesses und gleichzeitig die Überwindungen einer zweigeteilten Welt.
Und ich? Ich persönlich packe meine Gedanken in den Umlauf und verabschiede mich in ein entspanntes, langes Wochenende.