Alle Jahre wieder…

Eine kritische Betrachtung von unserer Redakteurin Sabine Behr (22.12.2000 18:11)

 

„Die Familie feiert Weihnachten am Heiligen Abend, vor oder nach dem Weihnachtsgottesdienst.“ Dieser – dem Gotteslob entnommene – Satz ist Ursache dafür, dass Pfarrer an Heilig Abend über zusätzliche Sitzreihen oder sogar einen Anbau an die Kirche nachdenken.

Kitsch oder Tradition? Das Familienidyll unterm Weihanchtsbaum.
(Bild: Unbekanter Künstler, Holzschnitt, 1860)

An Heilig Abend strömt jeder gute Christ und jede gute Christin in die Kirche, um sich feierlich der eigentlichen Bedeutung des Weihnachtsfestes zu besinnen und zu zeigen, dass man sich bewusst ist, dass Weihnachten im vierten Jahrhundert entstand, um „die Gottheit Christi gegen alle Leugner festlich (zu) bekennen“. Man weiß natürlich auch, dass dieses Fest von der römischen Kirche auf den 25. Dezember – den heidnischen Festtag des unbesiegbaren Sonnengottes – gelegt wurde, weil sie auf die symbolische Kraft des Datums hoffte. „Sie feiert damit Christus als die wahre Sonne, der in seiner Geburt der Welt aufgegangen ist, der im Tod nicht untergehen konnte und der wiederkommt in Herrlichkeit.“

Selbstverständlich kommt es niemandem in den Sinn wegen banaler und weltlicher Überlegungen dem Weihnachtsgottesdienst beizuwohnen. Völlig absurd ist die Vorstellung, jemand ginge an diesem Tag in die Kirche, weil er keinen Stress mit den Eltern haben möchte, die Zeit bis zur Bescherung sich sonst noch länger hinzöge oder er sich eine Jahresabsolution erhofft. Nein. Wer kommt denn auf solche Ideen?

Komisch ist aber doch, dass an gewöhnlichen Sonntagen die Kirchen meist von gähnender Leere erfüllt sind. Nein, das ist nicht merkwürdig, sagen Viele, denn es reicht doch wirklich, einmal im Jahr in die Kirche zu gehen. Außerdem bezahlt der ordentliche Bürger doch Kirchensteuer. Also, mehr kann man wirklich nicht verlangen. Sonntag morgens hat man besseres zu tun: schlafen, fernsehen, frühstücken, faulenzen. Das hat man sich schließlich die Woche über redlich verdient! Was bringt es denn in die Kirche zu gehen?Gemeinschaft, Hoffnung, Trost, Zuflucht? Das braucht doch heutzutage niemand mehr.

Aber wieso dann gerade an Weihnachten? Ist das Osterfest für den christlichen Glauben nicht viel wichtiger? Oder habe ich etwas falsch verstanden und man geht gar nicht des Glaubens wegen an Heilig Abend in die Kirche, sondern nur noch aus Tradition?

Alle Zitate sind folgender Quelle entnommen:Katholisches Gebet- und Gesangbuch für das Bistum Fulda, Seite 206, Nummer 128