Auf der Flucht

von unserem Redakteur Marco Sivori (24.06.2006 14:12)

Zur Zeit reisen Millionen von Menschen von allen Kontinenten nach Deutschland in das Mekka der Fußballweltmeisterschaft, freiwillig und meist finanzkräftig. Aber was muss es für ein Gefühl sein, wenn Menschen gezwungen werden, ihre Heimat zu verlassen und alles Hab und Gut zurückzulassen, was ihnen bisher lieb und teuer gewesen ist? Ein Gefühl, das wahrscheinlich keiner von uns kennt, denn zuhause am heimischen Herd erfährt man nur wenig von dem Leid dieser Menschen, die aus ihrer Heimat fliehen mussten. Um Ihnen zu gedenken, wurde im Jahr 2000 der 20. Juni von Seiten der UN-Vollversammlung zum offiziellen „Weltflüchtlingstag“ erklärt.

Derzeitig befinden sich mehr als 40 Millionen Menschen auf der Flucht. Sie fliehen vor Krieg, Hunger und Verfolgung. Dabei ist die Anzahl von Flüchtlingen, die aus ihrem Heimatland in westliche Industrieländer fliehen, weltweit gesunken. Viel eher handelt es sich um eine „Binnenflucht“, bei welcher die Flüchtlinge von einem Teil ihres Landes in ein anderes vertrieben werden, so zum Beispiel im Sudan oder Zentralafrika. Dies hat zur Folge, dass mittlerweile rund 80 Prozent der Flüchtlinge in Entwicklungsländern leben, auf sich selbst gestellt oder durch internationale Hilfsorganisationen geschützt.

Eine dieser Organisationen ist das Flüchtlingskommissariat der Vereinten Nationen (UNHCR), das sich seit 1951 für Schutz und Hilfe von Flüchtlingen einsetzt. Diese sammeln Flüchtlinge zumeist in Flüchtlingslagern, in denen sie zumindest das Nötigste zum Überleben erhalten. Einst als eine kurzzeitige Zwischenstation errichtet, sind diese „Camps“ mittlerweile zu einem Heim für Millionen von Vertriebenen geworden, während beständig nach einer langfristigeren Lösung geforscht wird.

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Doch wo Hilfsorganisationen unermüdlich im Einsatz sind, öffnet sich nebenher ein abscheulicher Absatzmarkt für profitsüchtige Händler. Es scheint, als hätten die Flüchtlinge längst ihren menschlichen Wert verloren und wären für ruchlose Unternehmer nur noch eine Möglichkeit schnell an Geld zu kommen. Die Zeiten des Handels mit Gold und Edelsteinen ist vorüber; „Trinkwasser“ heißt das nun begehrteste Handelsgut und gehört neben Nahrung und medizinischer Versorgung zu den wertvollsten Produkten, die Marktchancen eröffnen. Ähnlich wie in Deutschland dem tierlieben Hundehalter die unterschiedlichsten Behausungen für sein Haustier angeboten werden, wird auch aus dem Leid und der Heimatlosigkeit von Flüchtlingen Profit geschlagen, sei es durch den Verkauf von Rohstoffen zum Bau von Hütten oder durch den Handel mit ebensolchen, die fertig errichtet eingeflogen werden.

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Daher ist es traurig zu wissen, dass täglich Menschen sterben müssen, nicht weil sie unheilbar erkrankt sind, sondern viel mehr, weil sich ihre Rettung finanziell nicht lohnen würde. Wer würde bei so einer menschenverachtenden Haltung nicht auch fliehen wollen? Doch wohin will man schon gehen, wenn es die Gesellschaft selbst ist, vor der man fliehen müsste?