Diskriminierung im eigenen Land

von unserem Redakteur Philipp Dittmar (25.04.2010)

Diese Nachricht übertraf letzte Woche alles an Brisanz: Die Bewerbung einer Frau ostdeutscher Abstammung bei einem Stuttgarter Unternehmen wurde abgelehnt. Was diesen vielleicht traurigen Fall unglaublich macht, ist jedoch, dass sie gleich den Grund zurückbekam. Auf ihrem Lebenslauf fand sie den Vermerk „(-) Ossi“.

 

 

 Der Vermerk, der den Stein ins Rollen brachte

(www.spiegel.de)

 

 Verwundert war so mancher über diesen obskuren Fall. Jemanden wegen seiner Abstammung anders zu behandeln ist an sich schon eine Unart, doch dem Bewerber den Grund für die Ablehnung noch so auf dem Silbertablett zu servieren, ist wohl eindeutig scharf an der Grenze zur Dreistigkeit. Ähnlich dachte wohl auch die Betroffene und reichte unmittelbar Klage gegen das Unternehmen ein. Um den Grund der Ablehnung anzufechten, muss sie jedoch beweisen, dass der Ostdeutsche ein eigener Volksstamm ist, und somit unter das Antidiskriminierungsgesetz  fällt. Dies schließt eine Benachteiligung aufgrund der „Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft“ aus. Die Klage wurde jedoch Anfang dieser Woche in erster Instanz abgewiesen. Weitere Schritte der Frau bleiben wohl noch abzuwarten.

 

Ein kleines Lächeln kann sich bei diesem Fall wohl kaum jemand verkneifen. Ein 

 

Dreist oder genial?

(www.3dsupply.de)

 

Internethändler nahm den Vorfall sogar zum Anlass T-Shirts mit eben der Aufschrift zu verkaufen, die die 49-jährige Buchhalterin, die übrigens schon 22 Jahre im Raum Stuttgart lebt, auf ihrem Lebenslauf fand. Ob der Händler die Lage ausgenutzt, oder ob er einfach eine geniale Geschäftsidee hatte, sei nun dahingestellt.

Doch die Kehrseite der Medaille ist dafür umso beunruhigender. Die beiden Teile Deutschlands scheinen noch nicht so vereint zu sein, wie wir alle gedacht oder gehofft hatten. Das hässliche Gesicht dieser Grenze macht die Bemerkung, die nur durch einen Fehler innerhalb der Firma nach außen gelang, umso deutlicher.

 

„Ich finde, die Art der Ablehnung ist eine Diskriminierung, da wir eine vereinte Nation sein sollten!“, fordert Lucas Feick aus dem Jahrgang 9, der selbst aus Ostdeutschland kommt. Er sagt aber auch, er gehe nicht so weit, die Ostdeutschen zu einem eigenen Volksstamm zu erklären, schließlich seien wir alle Deutsche. Unsere Generation mag in diesen Zusammenhängen anders denken als diejenigen, die Deutschland noch als BRD und DDR kennengelernt haben. Es wird wohl langsam Zeit, dass die Wiedervereinigung auch in letzten Köpfen vollzogen wird, und Fälle wie diese nicht mehr vorkommen. Bis das soweit ist, müssen wir uns jedoch noch auf eine lange Auseinandersetzung der Frau und der schwäbischen Firma einstellen.