Wer diese Tage durch die Kasseler Innenstadt schlendert, wird sich fragen, ob er nicht einen Monat verschlafen hat. Die Schaufenster sind bereits seit Wochen weihnachtlich dekoriert und in den Kaufhäusern begann bereits im Oktober der Verkauf von Weihnachtsschmuck und -gebäck.
Der Konsum steht auf der Tagesordnung
Jetzt wurde auch noch zu Beginn der christlichen Trauerwoche der ?Adventsmarkt? eröffnet – am 19. November. Einige Mitbürger raten zwar zu mehr Besinnlichkeit, doch die große Mehrheit stürmt begeistert die Marktstände auf dem Königs- und Friedrichsplatz.
Eigentlich bin ich von diesem verfrühten Konsumrausch überrascht. Ich hatte erwartet, dass die Menschen in den Wohlstandsländern sich in diesem Jahr etwas ruhiger und zurückhaltender verhalten würden. Schließlich sollte doch im Vordergrund die Solidarität mit den Opfern der New Yorker Terroranschläge und der Krieg in Afghanistan stehen.
Den Wechsel in der Gefühlslage der Menschen hierzulande leitete meines Erachtens der Film Harry Potter ein. Er macht der ruhigen Besinnlichkeit während der Weihnachtszeit einen dicken, schillernden Strich durch die Rechnung. Pünktlich zur Premiere seines Filmes boomt der Verkauf von Fanartikeln, Badeaccessoires und Spielzeug. Kinder, die sich lautstark Eulen zu Weihnachten wünschen, lassen die Gedanken an eine Zeit, die innere Ruhe verlangt und den Armen dieser Welt gedenkt, verblassen.
Zwar mag der eine oder andere Deutsche auch dieses Jahr wieder ein paar Mark für ?Brot für die Welt? und ?Misereor? spenden, doch zur allgemeinen Beileids- und Mitgefühlsbekundung wird es höchstwahrscheinlich nicht kommen. Neben der bewährten Aktion ?Brot statt Böller? werden wir dieses Jahr vergebens auf eine Aktion ?Frieden statt Geschenke? warten.
Während in den Vereinigten Staaten die Angehörigen der Opfer vom 11. September noch immer trauern und die Menschen in Afghanistan unter der kriegerischen Verfolgung Osama bin Ladens durch die USA leiden, zelebriert der kleine, wohlhabende Teil dieser Welt, der im Moment nicht von Krieg und Terror zerrissen wird, froh und munter das pseudo-besinnliche Fest des Scheinfriedens und des Konsums.
In diesem Sinne…, frohes Fest euch allen!