Grundregeln bei der Partnerwahl

Von unserer Mitarbeiterin Anja Anbarchian (26.12.2006 00:16)

Schnell bahne ich mir einen Weg durch die überfüllten Flure meiner Schule. Natürlich kommt es, wie es kommen muss. In meiner Hektik stoße ich mit jemanden zusammen. Sofort sehe ich in das Gesicht. Ein Junge, braune Augen, schwarze lange Haare, schwarzer Bart. Eine gegenseitige Entschuldigung und schon ist er vorbei. Oh, denke ich, der war aber wirklich unsympathisch. Hat er nicht auch noch eine genau so unansehnliche Freundin? Mit dem will ich hoffentlich nie wieder zusammen kommen, denke ich weiter…

Das westliche Schönheitsideal ist sportlich orientiert

Foto und folgende: dpa

Aber warum kann ich so schnell über diese Person urteilen, ohne ihn irgendwie näher kennen gelernt zu haben? Wieso reicht eine kurze Begegnung mit einem fremden Menschen aus, um in Sekunden ein Urteil zu fällen? Attraktives Aussehen hat immer Vorteile, so sagt man doch. Gerade gerecht habe ich mich gegenüber dem Jungen nicht verhalten, indem ich ihn sofort in die Schublade ,unattraktiv‘ gesteckt habe – doch was ist auffallend und anziehend?

Das bürgertliche Frau wurde vermittelt und…

Hätte ich ihn rasiert mit einem flotten Haarschnitt angetroffen, wäre er für mich um einiges ansehnlicher gewesen. Dass ich damit aber nicht falsch liege, zeigen zahlreiche Untersuchungen. Schöne Menschen halten wir für eher intelligent, kompetent, nett und ehrlich. Diese Menschen haben es einfacher im Berufsleben und werden in vielen Alltagssituationen bevorzugt. Dieser Selektion liegen evolutionäre, stammesgeschichtliche Merkmale zu Grunde. Wie Wissenschaftler erst kürzlich in einem umfangeichen Forschungsvorhaben herausgefunden haben, ist die Auswahl bei der Partnerfindung tief verwurzelt. Und dies geschieht schon, wenn wir uns ein Gesicht ansehen. Ein Gesicht signalisiert Aspekte der physische Verfassung des Gegenüber, die Gesichtszüge spiegeln körperliche Qualitäten. Ein attraktives Erscheinungsbild steht für Gesundheit und Widerstandskraft. Schönheit ist somit scheinbar ein Zeichen für herausragende körperliche Eigenschaften. Aber warum ist die physische Verfassung so wichtig? Jeder Mensch möchte für die Erfüllung eines Kinderwunsches den möglichst perfekten Partner, der seine optimalen Gene und Eigenschaften an das erzeugte Kind weitergeben kann. Ein zentrales Kriterium von Schönheit ist dabei die Symmetrie von Gesicht und Gestalt.

…benötigte nicht die moderne Anmache.

In jeder Frauenzeitschrift steht, welche Eigenschaften Frauen und Männer sich gegenseitig wünschen. Schwieriger ist dies jedoch an einem Gesicht abzulesen. Legt man einer Jury eines Schönheitswettbewerbs 10 Bilder vor, so werden diejenigen Bilder bevorzugt, die dem sogenannten Kindchen-Schema entsprechen: hohe Stirn, große, weit auseinander stehende Augen, eine kleinen Nase, ein schmales Kinn und volle Lippen. Nach der Theorie soll ein kindliches Aussehen der Frau diese besonders attraktiv für Männer machen. Doch so einfach machen es sich die Männer auch wieder nicht, wie eine Studie des Evolutionspsychologen David Buss der Universität Texas zeigt. So hatten Frauen viel bessere Chancen, wenn ihre Gesichtszüge zusätzlich Reife und Erwachsenenstatus anzeigten. Bevorzugt werden neben bestimmten kindlichen Merkmalen eher schmale, leicht einfallende Wangen und hohe, etwas breitere Wangenknochen. So sind Frauen für Männer besonders attraktiv, wenn sie gleichsam die Merkmale eines Kindes und einer erwachsen Frau in ihrem Gesicht vereinen.

Junge Männer heute, …

Wie aber muss ein Mann aussehen? Ist er Mittelmaß, werden ihm nicht viele Herzen zufliegen, denn er sollte eher auffallen, aber keineswegs kindlich aussehen. Auch bei Männern ist zu allererst Symmetrie gefragt. Aber was man als männlich, markant maskuline Züge zu bezeichnen pflegt, also ein kräftiges Kinn oder eine kantige Gesichtsform, erwies sich bei einem Test mit dem anderen Geschlecht als zweischneidig. Frauen bevorzugen nämlich stark maskuline Gesichter nur an den empfängnisbereiten Tagen ihres Zyklus. Zu anderen Zeiten schätzen sie eher etwas weichere, schon femininere Gesichtszüge.

…junge Frauen immer häufiger…

Wie kommt es aber dazu, dass ein Mann mehr oder weniger maskulin aussieht? Zu diesem Aussehen trägt entscheidend das Hormon Testosteron bei. Hat ein Mann hohe Testosteron- werte, sieht er demnach maskuliner aus, was aber nicht immer Vorteile hat. Je höher der Wert, desto geschwächter ist sein Immunsystem. Somit muss sich der Mann verstärkt mit Krankheiten auseinandersetzen.

…wollen zwar Freundschaft und Liebe, …

Weiten wir das mal auf die sexuelle Selektion aus, sehen Frauen also ein markantes männliches Kinn, so signalisiert dies Immunkompetenz durch gute Gene und obendrein Maskulinität und alles was damit zusammenhängt. Weiterhin zeigt ein attraktives Männergesicht auch mentale Fähigkeiten, die sich in Konkurrenzsituationen nützlich machen. Durchsetzungsfähigkeit und eine Tendenz zur Dominanz kann in Kombination einen hohen sozialen Status einbringen. Die Evolutionsbiologie erklärt dies so: Männer müssen zum einen um Frauen stärker kämpfen als umgekehrt. Aus der Sicht der Frau muss ein Mann den Nachwuchs beschützen und Nahrung beschaffen. Somit sind für Frauen solche Männer attraktiv, deren Gesichtszüge eben diese Eigenschaften versprechen. Natürlich ist auch klar, dass Frauen keine hormonprotzenden Männerbestien haben wollen, sondern einfach verträgliche, wirkliche Partner.

…sehen aber weniger die gesellschaftlichen Dringlichkeiten.

Einen weltumspannenden Maßstab für Attraktivität gibt es (noch) nicht, auch wenn die Modebranche es uns suggerieren will. Ein Fazit dieser Forschungsrichtung steht noch aus, dafür existieren aber einige tiefverwurzelte Regungen im Unterbewusstsein. In unserer modernen, anonymen Welt hilft uns also bei der Partnerwahl ab und zu unser Urinstinkt vor einer Fehlentscheidungen, aber bei der rasanten Zunahme von Schönheitschirugie, Kosmetik und anderen Hilfsmitteln ist der Volltreffer eher seltener. Ob das aber mit der hohen Scheidungsquote in der westlichen Zivilisation zusammenhängt, wäre ein weiterer interessanter Forschungsansatz