Herr Gries, ich warte auf ihren Anruf

Von unseren Redakteuren Clarissa Sinning und Marco Sivori (17.12.2005 15:03)

Es war schon ein ungewohntes Bild, das sich am vergangenen Montag, dem 12. Dezember, in der Mensa des Goethe-Gymnasiums bot. Wo sich sonst nur Schüler tummeln und zu Mittag essen, saßen an einem großen Tisch bei Kerzenschein, Kaffee und Kuchen fast dreißig ältere Damen und Herren zusammen – die Pensionäre des Goethe-Gymnasiums.

Herr Keßler eröffnet das jährliche offizielle Pensionärstreffen

Wer glaubt, dass Lehrer, wenn sie einmal pensioniert sind, nie wieder einen Fuß in ihren ehemaligen Arbeitsbereich setzen, der irrt. Dies bewiesen all diejenigen, die der Einladung von Herrn Kratzke, Deutschlehrer am Goethe-Gymnasium, und Herrn Keßler aus dem Kreis der ehemaligen Lehrerinnen und Lehrer, gefolgt waren. Ebenso anwesend waren Schulleiter Waldemar Grieß und Frau Jochheim, die sich in ihrer Eigenschaft als Leiterin der Cafeteria für die Verpflegung der Gäste bereit erklärt hatte.

Schulleiter OStD Gries begrüßt die Pensionäre

Pünktlich um halb vier trafen die ersten Gäste einzeln oder in kleinen Gruppen ein. Allen stand die Freude auf dem Gesicht geschrieben. Da wurden fleißig die Hände geschüttelt, wurde auf die Schultern geklopft und sich umarmt. Zu den Gästen zählte unter anderem auch die ehemalige Schulleiterin Frau Margitta Thümer, deren Augen aufleuchteten, als sie sah, wie viele ehemalige Kolleginnen und Kollegen der Einladung gefolgt waren. Bald traf dann auch Herr Grieß ein, der es sich nicht nehmen ließ, die Anwesenden auf das Herzlichste zu begrüßen und allen einen kurzen Überblick über die Veränderungen und Erfolge des Goethe-Gymnasiums zu verschaffen.

Herr Gries berichtet über den Stand der Schulentwicklung

Einen ersten witzigen Höhepunkt überbrachte dann Herr Schindler, ehemaliger Physik- und Mathematiklehrer, den Anwesenden mit einem weihnachtlichen Gedicht über die „Metamorphose des Lamettas“. Die fröhliche Stimmung ließ alle Beteiligten für einen kurzen Zeitraum den üblichen Pensionärsstress vergessen, sodass noch viel erzählt und gelacht wurde.

Da UMLAUF-Online den Ehrgeiz hat, über alle Bereiche unserer Schulgemeinde zu berichten, nutzten wir dieses Treffen, um endlich einmal Freud und Leid unserer ehemaligen Lehrerinnen und Lehrer in Erfahrung zu bringen.

Marco Sivori, Frau Thümer, Clarissa Sinning, Herr Ungruhe (v.l.) und Herr Wagner (o. Bild)

UMLAUF Online (UO): Waren Sie nach Ihrer Pensionierung noch einmal in der Schule?

Herr Wagner: Sogar noch für längere Zeit. Ich habe bei der letzten Theateraufführung von Lars Grenzemann eifrig mitgemischt, da er ein älteres Stück aus meiner Zeit aufführen wollte. Da habe ich die Gruppe gerne noch etwas beraten. Ebenso war ich zweimal als Zeitzeuge in der Schule und habe ein wenig über das Ende des Krieges berichtet.

Herr Trebing in seinem Bücher-Reich

UO: Wie empfanden Sie Ihre Zeit als Lehrer?

Herr Trebing: Ich bin immer sehr gerne in die Schule gegangen. Selbst wenn im dicksten Winter bei minus zehn Grad morgens um halb sieben der Wecker rappelte, bin ich raus und nichts wie hin zur Schule. Ich habe immer so gerne die jungen Leuten unterrichtet. Ein weiterer Vorteil war, dass ich durch die Bibliotheksarbeit nicht auf das Lehrerzimmer angewiesen war. In der Bibliothek hatte ich für mich und meine eigenen Bücher viel mehr Platz als ich brauchte.

Herr Ungruhe wurde von unserem Schulleiter 2005 offiziell verabschiedet

UO: Gab es Momente, an denen Sie sich wünschten wieder Lehrer zu sein?

Herr Ungruhe: Dazu kann ich etwas besonderes beitragen: Gleich nachdem ich weg war, habe ich in der Zeitung gelesen, dass insgesamt 20.000 Lehrer fehlen. Als ich bald darauf zufällig Herrn Grieß traf, sagte ich ihm: „Herr Grieß, ich warte auf Ihren Anruf. Ich bin ja gerade ‚raus aus dem Geschäft. Ich nehme an, dass in irgendeiner Klasse Englisch ausfallen wird und dann stehe ich bereit.“ Das war zwar nur spaßig gemeint, doch da steckt schon drin, dass ich es bedauert habe, nicht mehr zu unterrichten.

Frau Thümer, ehemalige Schulleiterin, an ihrem früheren Arbeitsplatz

UO: Wie empfanden Sie den ersten Tag Ihrer Pensionierung?

Herr Trebing: Als ich pensioniert wurde, da hab ich mir folgenden Gag erlaubt: An meinem ersten „freien“ Tag habe ich den Wecker auf acht Uhr gestellt, bin dann im Bett liegen geblieben, habe ihn rappeln lassen und zu mir gesagt: „Zum ersten mal in meinem Leben brauche ich jetzt nicht aufzustehen, aber die anderen, die müssen jetzt alle mit dem Unterricht anfangen.“

Herr Perlick: das war sein letzter Gang

UO: Gab es nach Ihrer Pensionierung noch Kontakt untereinander?

Frau Thümer: Die gab es natürlich. Großen Dank gebührt dafür Herrn Keßler, der, und das ist schon sehr lange her, bei seiner Pensionierung den Ehemaligenverein ins Leben gerufen hat. Dabei hat Herr Kratzke, dem ich auch danken möchte, die Verbindung aus der Schule heraus gesteuert und Herr Keßler hat unter den Ehemaligen für die Kontakt gesorgt. Ihnen ist dieser lebendige Kreis zu verdanken, der sich über Jahre hinweg jeden Advent getroffen hat und der auch gemeinsam wandern geht oder ähnliches veranstaltet. Es ist schließlich keine Selbstverständlichkeit, dass man sich so sehr dafür aufopfert. An dieser Stelle möchte ich noch einen letzten Namen erwähnen, und das ist Frau Schiffmann, der wir ebenso viel zu verdanken haben, denn sie war es, die regelmäßig zusammen mit Herrn Keßler und Herrn Kratzke alles organisiert.

UO: Wir danken ihnen für das Gespräch