Ich habe dich zum Fressen gerne …

Von unseren Redakteurinnen Anahita Ghanavati und Basar Arslan (22.01.2004 18:34)

Dieser Ausdruck wird in unserer heutigen Gesellschaft oft als Metapher verwendet, wenn man gegenüber einer Person seine Sympathien zum Ausdruck bringen möchte.
Doch es gibt auch Menschen, die es nicht bei einer Metapher belassen und diesen Ausdruck wörtlich nehmen.

Unglaublich: Was zivilisierte Länder manchen Eingeborenenstämmen vorwerfen, …

Der 42-jähriger Diplomingenieur Bernd B. wurde am 9. März des Jahres 2001 als vermisst gemeldet. Erst im Dezember des Jahres 2002 wurde sein Verschwinden aufgeklärt. Er hatte sich auf eine Internetanzeige des Computerfachmannes Armin M. aus Rotenburg an der Fulda gemeldet und war kurz darauf zu dessen Anwesen nach Rotenburg gefahren. Bernd B. soll damit einverstanden gewesen sein, dass Armin M. ihn tötet, um daraufhin Teile seines Körpers vor laufender Kamera aufzuessen. Es stellt sich also die Frage, ob es sich nun um Tötung auf Verlangen (§ 216 StGB), Totschlag (§ 212 StGB) oder Mord (§ 211 StGB) handelte. Das Landgericht Kassel hatte eine schwere Entscheidung zu fällen. Das Urteil lautete 8 Jahre Gefängnis wegen Totschlags. Die Verteidigung geht jedoch in Revision.

Diese Art des Verbrechens ist als Kannibalismus zu bezeichnen. Unter Kannibalismus versteht man das Verspeisen der eigenen Spezies. Für unsere heutige Zivilisation ist dies ein absolutes Tabu und wird eindeutig als krankhaft angesehen, während das Verspeisen seiner eigenen Artgenossen bei Tieren gängig ist. Jedoch scheint der Kannibalismus kulturhistorisch gesehen keine Seltenheit gewesen zu sein.

Immer wieder werden im Fasching Eingeborene als Kannibalen lächerlich gemacht, , …

Vieles weist daraufhin, dass unsere Vorfahren mit Sicherheit Kannibalen waren, was beispielsweise Funde in Rhônetal von brutal zertrümmerten menschlichen Knochen und Schädel, in welchen die Gehirne entfernt und die Zungen herausgeschnitten waren, beweisen. Als Täter kommt nur der Homo neanderthalensis in Frage. Die Rhônetal-Funde haben zur bitteren Erkenntnis beigetragen, dass der Kannibalismus nicht nur manchmal in Zeiten von Hungersnöten angewendet wurde. So behauptet beispielsweise der Bioarchäologe Dr. Turner von der Arizona-State-University, dass über vier Jahrhunderte lang im Südwesten der USA und in Mexico Kannibalismus praktiziert wurde:
Bestimmte Indianervölker, wie zum Beispiel die Anasazi-, Hopi- und die Puebloindianer, hätten ihre Feinde gefangen, sie in Töpfen gekocht und gegessen. In Teilen der Südseeinseln und auf Neuguinea hätten Naturvölker die Gehirne von Verstorbenen verspeist.

… auch im Theater spielen sie als Schlächter eine unrühmliche Rolle, aber die Wirklichkeit deutsch?

Dabei unterscheiden Wissenschaftler zwischen dem Endokannibalismus, welcher besagt, dass nur Verwandte aus der eigenen Sippe nach ihrem natürlichen Tod gegessen werden und dem Exokannibalismus, der sich ausschließlich gegen Feinde richtet. Die Motive, welche dahintersteckten waren, dass sie einerseits ihren verstorbenen Verwandten Ehre erweisen wollten und deren Stärke in ihnen selbst weiterleben sollte. So wird sogar heute noch in Wäldern Brasiliens die Asche der Toten in Bananensuppe gerührt und anschließend getrunken. Sie wollten aber auch ihren Feinden Angst machen, indem sie sie nach Gefangennahme aufaßen. So bauten sie sich eine Art Machtgefühl auf.

Psychologen behaupten, dass die Hintergründe und Motive, die Menschen dazu führen, Kannibalismus zu betreiben also Hunger, Machtgier und rituelle Zwecke sein können. Aber auch Liebe gilt als ein Erklärungsmuster unter Psychatern, eine besonders abnorme Form, in welcher Menschen eine ihnen nahestehende Person aus Liebe einverleiben möchten um ihr so nah wie möglich zu stehen.

Aber was waren die Motive von Armin M.? Sie sind uns nicht bekannt. Dennoch löste der Vorfall in uns allen einerseits großes Entsetzen, aber gleichzeitig auch eine Art Faszination aus. Denn schließlich haben die Medien ausführlich über dieses Thema berichtet und die Bevölkerung hat das Thema interessiert mitverfolgt. Auch Filme, wie zum Beispiel „Das Schweigen der Lämmer“, haben immer wieder viele Zuschauer in die Kinos gelockt. Vielleicht ist diese Faszination damit zu erklären, dass all diese Motive eigentlich zu der Gesamtheit unserer normalen menschlichen Lebenstriebe gehören…

Also, wenn euch das nächste Mal ein Mensch, der euch nahesteht, sagt, dass er euch zum Fressen gern hat, dann solltet ihr euch den Sinn dieser Aussage zweimal durch den Kopf gehen lassen.