Ich knall euch ab!

(01.09.2002 23:49)

«Ich hätte mich auch ganz still aus dem Staube machen können, aber das wäre noch sinnloser gewesen. Wenn ich so gehe und bei meinem Abgang die Leute mitnehme, die mir das Leben zur Hölle gemacht haben, dann kommt vielleicht meine Botschaft rüber. Vielleicht ändert sich dann etwas, und irgendwo wird irgendein anderer Junge, der so unglücklich ist wie ich, besser behandelt und findet vielleicht einen Grund weiterzuleben.»

Diese Worte stammen aus Garys Abschiedsbrief an seine Mutter. Gary ist eine Figur in dem Roman «Ich knall euch ab!» von Morton Rhue, der in Deutschland vor allem durch den Roman «Die Welle» bekannt geworden ist.

In «Ich knall euch ab!» beschreibt Rhue, wie Gary und sein Freund Brendan täglich von Sportlern und anderen Mitglieder der wichtigsten Clique der Schule angegriffen und gedemütigt werden. Mit der Zeit werden sie immer gleichgültiger und sehen in ihren leben keinen Sinn mehr; gleichzeitig suchen sie nach Möglichkeiten, sich an den Mitschülern und auch an den Lehrern, die deren Verhalten ignorieren oder entschuldigen, zu rächen.

Als sie von dem Amoklauf zweier Schüler in Littletown erfahren, scheinen sie den richtigen Weg dazu gefunden zu haben. Während eines Abschlussballes legen sie an den Ausgängen der Halle Bomben und stürmen maskiert und bewaffnet das Schulfest.

Außergewöhnlich an diesem Roman ist der Schreibstil. Morton Rhue schildert die Entwicklung von Gary und Brendan nicht in der gewohnten fortlaufenden Erzählung, sondern lässt 21 Personen, darunter Freunde, Lehrer und Sportler, zurückblickend berichten, wobei natürlich jeder die Mitschuld an den Geschehnissen von sich weist. Dadurch bietet sich dem Leser die Möglichkeit, das Problem aus verschiedenen Perspektiven objektiv zu betrachten.

Schüler nach dem Massaker in Littletown

Ohne die Schuld lediglich auf gewaltverherrlichende Filme und Computerspiele zu schieben, bemüht sich Morton Rhue zu erklären, welche Umstände einen jungen Menschen zu dem Punkt führt, an dem er solch eine tat für nötig hält. Das macht den Roman lesenswert und aufgrund der Ereignisse von Erfurt erschreckend aktuell.