Von unserer Redakteurin Isabell Jung (26.10.2008)
„Jeder Mensch hat das Recht auf Leben“, verkündet seit 1948 der 3. Artikel der allgemeinen Erklärung der Menschenrechte. Viele Menschen werden trotzdem zum Tode verurteilt, weil sie einen Mord begangen haben, manche aber auch wegen Drogendelikten, Spionage oder Ehebruch.
Konzentrationslager Buchenwald, 2. Weltkrieg Hinrichtung durch Erhängung der Inhaftierten |
Ursprünglich galt die Todesstrafe als die schwerste Kriminalstrafe, und ihre Zweckmäßigkeit wurde bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts allgemein anerkannt; anschließend wurde sie jedoch als Folge des Gedankengutes der Aufklärung allmählich zurückgedrängt. Seit 1933, vor allem im 2. Weltkrieg, nahmen die Verurteilungen zum Tode wieder stark zu. Damals wurde sie – nicht mehr unabhängig von der Staatsgewalt – benutzt, um sich unerwünschter Personen schnell und endgültig zu entledigen. Damit sich so etwas nicht mehr wiederholen kann, wurde die Todesstrafe in der Bundesrepublik Deutschland im Jahr 1949 durch Artikel 102 des Grundgesetzes abgeschafft. Er besagt klar und deutlich: „Die Todesstrafe ist abgeschafft.“
Erfreut über diese klare Bestimmung ist auch der Jugendrichter und Präsident des Amtsgerichts, Herr Dr. Löffler: „Ich bin absolut froh darüber – zum Einen aus moralischen Gründen, zum Anderen aus dem Grund, weil kein Gesetz dem Staat das Recht geben sollte, Menschen zu töten.“ Er fügt hinzu: „Außerdem könnte das Urteil falsch gewesen sein! Bei keiner Strafe kann ein Justizirrtum völlig ausgeschlossen werden, und nach Vollzug der Todesstrafe kann nichts mehr rückgängig gemacht werden.“
Auf der anderen Seite gibt es aber auch Argumente für die Todesstrafe:
So stellen hingerichtete Mörder nie eine Gefahr für Gesellschaft dar, weil eine Freilassung nach Verbüßung eines Teils der Strafe oder Begnadigung entfielen, außerdem würden Kosten des Staates für einen jahrzehntelangen Gefängnisaufenthalt des Täters gespart. Es wird auch argumentiert, dass eine lebenslange Haft ebenfalls menschenunwürdig sei.
Dr. Löffler, Präsident und Jugendrichter vom Amtsgericht Kassel |
Ob die Möglichkeit der Verurteilung zum Tode tatsächlich abschreckend auf die Täter wirkt, fragten wir Dr. Löffler: „Nein, das glaube ich nicht.“ Es gibt wohl keinen direkten Zusammenhang zwischen der Einführung der Todesstrafe und einem Rückgang der Kriminalität, da schwere Verbrechen oft unüberlegt und im Affekt begangen werden. Er ist außerdem der Meinung, dass die Mehrheit unserer Bevölkerung ebenfalls froh über die Abschaffung ist. So bekommt jeder Täter die Möglichkeit zu Sühne und Wiedergutmachung.
Gegner der Todesstrafe kritisieren zudem, dass Prozesse oft nicht fair seien, weil Arme sich meist keine teuren und damit oft auch keine guten Anwälte leisten könnten. Eine Studie der Texas A&M University und der Loyala University in New Orleans besagt, dass überproportional viele Afroamerikaner zum Tode verurteilt werden. Zudem werden schwarze Angeklagte, die einen Weißen getötet haben, häufiger zum Tode verurteilt als Weiße, die einen Schwarzen getötet haben.
Viele andere Länder setzen dagegen weiter auf Vergeltung: Auge um Auge, Zahn um Zahn! Im Jahr 2007 sind mindestens 1.252 Gefangene in 24 Staaten exekutiert worden. In den USA gibt es aber auch ca. 100 Todeskandidaten, die wegen erwiesener Unschuld wieder entlassen wurden!
Der internationalen Menschenrechtsorganisation Amnesty International zufolge wurden seit dem Jahr 2000 folgende Hinrichtungsmethoden angewandt: Hängen, Erschießen, Elektrischer Stuhl, Giftspritze, Enthaupten, Gaskammer, Steinigung.
Nach Artikel 21 der hessischen Verfassung wäre die Todesstrafe sogar noch zulässig, obwohl sie durch Artikel 102 des Grundgesetzes abgeschafft wurde, doch Dr. Löffler erklärt, hier gilt der Satz: „Bundesrecht bricht Landesrecht“. Sie darf also nicht mehr angewandt werden.