Jugendliche im Widerstand

Von unseren Redakteurinnen Jasmin Nikolaus und Julia Pfannkuch (14.11.2005 01:05)

Die Brüder Karl und Peter leben in Köln und sind Mitglieder der Widerstandsgruppe Edelweißpiraten. Die Edelweißpiraten sind im Gegensatz zum Studenten-Geheimbund „Die Weiße Rose“ und anderen Widerstandsgruppen keine Organisation, sondern eine intuitiv entstandene Bewegung, die über 300 Mitglieder umfasste.

Die Edelweispiraten

„Rio di Schanereo – Eheu Kapalero“ – Edelweißpiraten sind treu.
(Einritzung in einer Zelle des Gestapo-Gefängnisses in Köln)

In der Nachkriegszeit wurden sie als kriminell bezeichnet, weil sie manchmal zu Diebstählen gezwungen waren um zu überleben. Erst im Sommer des Jahres 2005 wurden sie in Deutschland als Widerstandskämpfer offiziell anerkannt – also 60 Jahre zu spät.

Karl und Cilli

Die Jugendlichen finden bei ihren Streifzügen einen verwundeten KZ-Häftling namens Hans, den sie bei Cilli verstecken und gesund pflegen. Cilli, die zwei Kinder mit Karls älterem Bruder hat und der an der Front gekämpft und gestorben ist, wird vom Jugendamt bedrängt, ihre angeblich verwahrlosten Kinder in dessen Obhut zu geben. Als Hans wieder gesund ist, plant er mit den Jugendlichen einen Sabotageakt gegen die Gestapo. Außerdem kommt es zum Konflikt zwischen Hans und Karl, da sich beide in Cilli verliebt haben und für die Familie sorgen wollen.

Bombenhans

Die Pläne fliegen schon bald auf und die Edelweißpiraten werden von der Gestapo verfolgt, verhaftet und gefoltert. Ihnen droht die Todesstrafe durch Erhängen. Karl weiß nicht weiter und ist hin und her gerissen zwischen Überlebenswillen, Verantwortungsgefühl und Loyalität zu den Edelweißpiraten.
Eine nervöse Handkamera, schnelle Schritte, spannungssteigernde Hintergrundmusik – das sind die Mittel, mit denen Vito von Glasow die Geschichte der Edelweißpiraten verfilmt. Eine Geschichte, die bisher vollkommen vergessen war, sich jedoch nicht vor dem Vergleich mit Filmen wie „Sophie Scholl“ oder „Napola“ scheuen muss. Kiki von Glasow stellt in ihrem Drehbuch nicht Kriegshelden aus den Geschichtsbüchern, sondern Menschen in den Mittelpunkt, die sich für den Frieden einsetzen und für Liebe, ihre Träume und das nackte Überleben kämpfen.

Karl und seine Freunde

Die Besetzung mit bekannten Schauspielern wie Anna Thalbach („Der Untergang“), Jochen Nickel („Schindlers Liste“) und Jan Declair („The World Is Not Enough“) und Newcomern wie Simon Taal, Iwan Stebunow und Bela B. Felsenheimer (Mitglied von „Die Ärzte“) ist ebenso ungewöhnlich wie erstklassig. Das Drama spiegelt die Situation der Jugend zur Zeit des Dritten Reiches wieder und ist ein ungeschönter Blick auf das Nazi-Deutschland, das von brutalen und blutreichen Kämpfen geprägt ist. Durch die Zusammenarbeit von Kiki von Glasow mit dem 75-jährigen Edelweißpiraten Jean Julich ist der Film besonders authentisch und gefühlvoll. Der Film „Die Edelweißpiraten“ ist keine Komödie und kein Aktionfilm mit Hollywoodbesetzung, er ist jedoch ein Teil unserer Geschichte, der für Jung und Alt verständlich auf die Leinwand gebracht wurde.

Die Hauptdarsteller

Insgesamt ist der Film „Die Edelweißpiraten“ ein gelungener Mix aus einem Drama, einem Kampf- und einem Liebesfilm, basierend auf geschichtlichem Hintergrund. Einziger Minuspunkt ist, dass das Finale des Film zum Ende etwas hinausgezögert und langgezogen wird.

P.S.: Mit dem Start dieses Filmes wurde der Widerstand der Edelweispiraten nach 60 Jahren quasi bundesweit bekannt gemacht. Kurz vorher wurde der 75-jährige Edelweißpirat Jean Julich, der in Schulen eingeladen unermüdlich von den letzten Jahren des Hitlerfaschismus berichtete, vom Regierungspräsidenten in Köln offiziell geehrt. Aber es stellt sich auch die abschließende Frage, wer diejenigen sind, die 60 Jahre lang immer wieder diesen Widerstand als Jugendkrawall abgetan haben.