Rebellion und Zivilcourage

(04.01.2004 23:55)

Rebell, abgeleitet aus dem Lateinischen von rebellis, meint in der eigentlichen Bedeutung „den Krieg erneuernd“. Im gleichen Atemzug mit Rebell steht der Aufrührer, der Aufständische, der sich auflehnt und widersetzt. So bezeichnet eine einfache Definition jene Menschen in unserer Gesellschaft, die nicht bereit sind, immer nur zu akzeptieren.

Rebellen suchen förmlich eine Herausforderung, einen Grund, um aus dieser Gesellschaft auszubrechen, um ihrem Unmut gegenüber gesellschaftlichen Missständen Luft zu machen. Sie legen eine kritische Haltung gegenüber der bestehenden Gesellschaft an den Tag und nehmen Nachteile in Kauf. Ohne diese „Mutigen“ wäre die Gesellschaft um einiges ärmer. Würden sie nicht ihre Finger auf Wunden legen, so würden viele Ungerechtigkeiten einfach so hingenommen. Jede Gesellschaft braucht Rebellen.

Allerdings ist der Begriff „Rebell“ veraltet und wird eher im historischen Sinne verwandt. Kämpfer gegen die Willkür von Adel und Klerus, Kolonialismus und Fremdherrschaft waren m.E. sicher u.a. Martin Luther-King, Ghandi, Che Guevera, von den Herrschenden häufig mit dem Tode bestraft. Heutzutage steht in der Massengesellschaft aber nicht mehr der Einzelne im Vordergrund, sondern die arbeitsteilige Gruppe. Der gesellschaftliche Protest wird getragen von bekannten Organisationen wie „Green Peace“ oder „Attac“, die mittlerweile als „Nichtregierungsorganisationen“ (NGO) zu internationalen Konferenzen eingeladen werden. Und auch das Engagement wird akzeptiert und unter dem Begriff „Zivilcourage“ auch gefordert, zumal soziale und finanzielle Hilfen damit verbunden sind, die der Staat nicht mehr zu finanzieren vermag.

Während die Rebellion häufig mit Gewalt und Terror verbunden wird – die Bader-Meinhof-Gruppe bzw. die Rote-Armee-Fraktion (RAF) ist nur eines von vielen Beispielen -, scheint Zivilcourage im Verborgenen zu blühen. Aber das stimmt nicht. Ich erinnere nur an die junge US-Amerikanerin, die sich zwei Jahre auf einem uralten Mammutbaum verschanzte, um dessen Rodung zu verhindern oder an die israelischen Kampfflugzeugpiloten, die Ende des letzten Jahres ein Manifest gegen die gezielte Tötung von Arabern herausgaben oder an den jungen Kanadier, der mit 12 Jahren bereits den Bau von 70 Brunnen in Afrika ermöglicht hatte.

Die öffentliche Resonanz ist nur bei spektakulären Aktionen groß. Die meisten Taten geschehen aber im Verborgenen. Und gerade zu Beginn des Jahres 2004 sollten wir uns verdeutlichen, dass eine globale Gesellschaft auf Grundlage von Egoismus (auf individueller Ebene) und Shareholder Value (auf wirtschaftlicher Ebene) zum Scheitern verurteilt ist. Der Blick auf den Nebenmann, die Hilfe für den Mitmenschen, die Solidarität mit den Unterpriviligierten dieser Gesellschaft ist die Voraussetzung für die Weiterentwicklung der Menschheit. Rebellion ist das Vorrecht von Kindern und Jugendlichen, Zivilcourage aber die Notwendigkeit einer Zivilgesellschaft.