Sorry, Mr. President

(13.02.2003 20:16)

Das internationale Klima brodelt. Der Kriegsbeginn gegen den Irak ist praktisch schon entschieden, nur der Zeitpunkt und die eventuelle rechtliche Absicherung durch eine Resolution der UNO stehen noch nicht fest. Und die Welt ist wieder in Lager aufgeteilt: Die USA und Großbritannien, die den Krieg forcieren, und Frankreich, Deutschland, Belgien und Russland, die Zivilcourage beweisen und sich gegen den Krieg aussprechen.

Dass Frankreich sich gegen Bush und den Krieg stellt, überrascht niemanden mehr, schließlich sind die Querschüsse gegen die USA und die NATO durch Frankreich eine sorgfältig gepflegte Tradition. Somit ist niemand wirklich verwundert, und es nimmt auch niemand den Franzosen ihre dickköpfige Haltung übel. Das ist man schließlich von ihnen gewöhnt.
Aber was fällt nur uns Deutschen ein?

Schämen sollten wir uns, dass wir uns gegen jenes Land stellen, das uns und den Rest der Welt vor gut sechzig Jahren vor der Hitler-Diktatur rettete. Übrigens, Abgeordnete des US-amerikanischen Kongresses sind ebenfalls dieser Meinung. Schließlich bewahrten uns die USA vor jenem Mann, der am liebsten die gesamte Welt seinem Herrschaftssystem unterwerfen wollte und der in jene Länder einmarschierte, deren Bevölkerung oder Herrschaftssystem ihm nicht passten. Klar, alles nur, weil er sich und seinem Land wirtschaftliche und machtpolitische Vorteile verschaffen wollte. Dieses Motiv werfen einige Kritiker auch George W. Bush jr. als wahren Beweggrund für die geplante militärische Intervention vor.

Mea Culpa, Asche über unser Haupt. Denn jetzt, wo dieses Land, das uns damals in der dunkelsten Stunde unserer Geschichte beistand, unsere Hilfe benötigt, weigern wir uns, ihm diese zu geben? Wie können wir nur! Deshalb nennt uns US-Verteidigungsminister Paul Rumsfeld in einem Atemzug mit Kuba und Libyen als ein Land, das sich gegen die USA stellt. Um es deutlich zu machen: Die Regierung der USA, eine Regierung, in dem die Demokratie das erste Mal Wirklichkeit wurde, kritisiert die deutsche Bundesregierung, weil sie kompromisslos den Grundsätzen der deutschen demokratischen Verfassung folgt und sensibel auf den starken Willen ihrer Wählerinnen und Wähler dieser Regierung hört.

Sicher ist, dass wir, das deutsche Volk, mehrheitlich dagegen sind, dass der Irak mit militärischen Mitteln in die Knie gezwungen werden soll. Und wir sehen auch nicht ein, dass wir einem Mann folgen sollen, dessen sprachliche und stilistische Fehlgriffe immer wieder Zweifel an seiner Kompetenz als Führer des wirtschaftlich und militärisch gesehen mächtigsten Landes der Welt wecken.

Längst haben wir erkannt, dass Militäreinsätze höchstens dazu dienen dürfen, die Demokratie zu verteidigen. Darüber hinaus leistet die Bundeswehr weltweit humanitäre Hilfseinsätze. Militärische Macht sollte dazu dienen, zu schützen und zu helfen, und nicht zu zerstören und zu unterdrücken. Das ist zum Glück unseren Verteidigungsministern bisher stets gelungen und das hat die Bundeswehr auch bisher in der Weltöffentlichkeit stets ausgezeichnet.

Bitte entschuldigen Sie, Mr. President, dass wir nicht bereit sind, Sie in Ihrem propagierten Kampf gegen den scheinbar internationalen Terrorismus zu unterstützen, aber unsere Bundesregierung ist bereits damit beschäftigt, den bisherigen Opfern von Kriegsfeldzügen zu helfen. Wir werden auch den Opfern helfen, die ihnen noch folgen werden.

Übrigens, Mr. Blair, entschuldigen auch Sie bitte, dass unsere Regierung nicht bereit ist, Sie in Ihrer persönlichen Meinung von Demokratie zu unterstützen, denn auch wir sind genauso wie Ihr eigenes Volk gegen den Krieg. Wo bleibt Ihre frühere jugendliche, unkomplizierte, kreative und dennoch sachlich-konstruktive Dialogbereitschaft, mit der sie jedgliche Bedenken „über den Tisch fegen“ konnten?

Bitte entschuldigen Sie.