(Über)Menschen?

von unseren Redakteurinnen Kirstin Appel und Theresa Markert (06.03.2010)

Sie ist die höchste Vertreterin der evangelischen Kirche und wird mit 1,54 Promille am Steuer ihres Dienstwagens erwischt. Margot Käßmann löste einen Skandal aus. Mittlerweile ist sie von ihren höchsten Ämtern zurückgetreten und will nur noch als Pastorin der Hannoverschen Landeskirche arbeiten. Doch in wie weit dürfen sich Personen, die in der Öffentlichkeit stehen solche Fehler leisten, vor allem wenn sie Berufe ausüben, bei denen es so sehr um Moral geht wie in Kirche und Politik?

 

 

 Margot Käßmann – Ein Fehltritt nahm ihre Autorität (wdr.de)

 

Immer wieder hören wir es in den Nachrichten: Pete Doherty, der wieder einmal festgenommen wurde, Britney Spears, die erneut in eine Entzugsklinik muss. Solche und ähnliche Skandale häufen sich. Doch nun leistete sich die höchste Vertreterin der evangelischen Kirche, Margot Käßmann, einen Fehler, den sie teuer bezahlen musste. Am Abend des 20.02.2010 ließ sie sich mit 1,54 Promille am Steuer ihres Dienstwagens erwischen. Bereits kurz nachdem die Öffentlichkeit davon erfuhr, trat sie von ihren höchsten Ämtern zurück, da sie nicht mehr die nötige Autorität besäße, um diese weiterhin ausüben zu können.

 

 

 

 Skandalpolitiker – Silvio Berlusconi

(cruice-blog.de)

 

Aber nicht nur Käßmann beweist, dass sich solches Fehlverhalten auch in Politik und Kirche finden lässt: Der ehemalige Präsident der USA, Bill Clinton, hatte eine Affäre mit einer Praktikantin, die Skandale um Silvio Berlusconi, Ministerpräsident von Italien, scheinen kein Ende zu nehmen und Ulla Schmidt fuhr mit dem Dienstwagen in ihren rund 2.400 km entfernten Urlaubsort. Sie traten nicht von ihren Ämtern zurück.Im Gegensatz zu Frau Käßmann scheinen sie keine Konsequenzen aus ihren Fehlern ziehen zu wollen.

 

Darf jemand, der schon von Berufs wegen so sehr an Moral gebunden ist, solche Fehler begehen? Michael Kräbs, Religions- und Sportlehrer des Goethe-Gymnasiums und Diakon der katholischen Kirche betrachtet dieses Thema kritisch. Ein solches Verhalten sei unverantwortlich, sich selbst und Anderen gegenüber. Die Glaubwürdigkeit der Kirche sieht er jedoch nicht gefährdet, da Frau Käßmann ihren Fehler zugab und von ihren höchsten Ämtern zurück trat. Anderer Meinung ist Gesine Graw, Schülerin des neunten Jahrgangs unserer Schule. Sie hält es für Heuchelei, erst Autofahrer zu verurteilen, die

 

 Skandalmusiker – Pete Doherty

(bnp.org.uk)

 

unter Alkohol- oder Drogeneinfluss fahren und es danach selbst zu tun. Allgemein denkt sie aber, dass auch Menschen in Politik und Kirche Fehler begehen dürfen, solange sie dies auch Anderen zugestehen. Denn niemand sei perfekt. Ähnlicher Meinung ist Annette Stanko, die unter anderem Ethik an unserer Schule unterrichtet: Sie wünscht sich, dass jemand, der Erwartungen hat, diese auch selbst erfüllt. Zudem kritisierte sie, dass bei Männern und Frauen mit zweierlei Maß gemessen würde, da Frauen unter größerer Beobachtung stünden und man ihnen unterbewusst Fehler weitaus schwerer verzeihe.

 

 

Letztendlich hielten alle Befragten den Rücktritt von Frau Käßmann für richtig und respektabel. Man darf nicht vergessen, dass auch unsere höchsten Vertreter nur Menschen sind, die wie jeder Andere Fehler begehen, denn genau das macht uns menschlich. Die Größe, beziehungsweise das Verantwortungsbewusstsein, solche Fehler einzugestehen und daraus Konsequenzen zu ziehen, scheinen aber nicht alle zu haben.