Wolff im Schafspelz

 

Ein Kommentar von Christian Schmidt aus dem Medienkurs Deutsch, Jahrgangsstufe 12 (19.01.2001 18:27)

Ganz Deutschland reißt sich um Studienabsolventen. Sobald einer von ihnen mehr oder weniger qualifiziert die Universität verlässt, wird er mit verlockenden Angeboten geradezu überhäuft. Nein, die Rede ist ausnahmsweise nicht von Informatikern. Dieses Mal sind es die zukünftigen Lehrerinnen und Lehrer, die aufgrund ihres Seltenheitswertes den Kultusministern den Angstschweiß auf die Stirn treiben und sie zu mehr oder weniger verzweifelten Anwerbekampagnen verleiten.
[[pfeil Direkt zum Voting#artikel.php3?id=109#vote]]
Während viele Bundesländer sich noch eher ruhig verhalten, zieht die Hardlinerin im Kampf um junge Lehrkörper, die hessische Kultusministerin Karin Wolff (CDU), jetzt ganz andere Saiten auf. „Kräftig entrümpelt“ habe man den Einstellungserlass, „innovative Ansätze zur Lehrergewinnung“ seien gefragt. Während sich manch einer über den Sinn dieser prägnant formulierten Aussagen Gedanken macht, werden sie derweil von einer rastlosen Karin Wolff in die Tat umgesetzt.
Nicht nur Lehramtsstudenten, sondern auch Absolventen von Diplom- oder Magisterstudiengängen verwandeln sich zunehmend in ein Objekt der Wolff’schen Begierde. Wer braucht schon Pädagogik? Ein Aufbaustudium tut’s doch auch.
Getreu diesem Motto wird eifrig versucht, dem drohenden Hungertod des hessischen Schulsystems, verursacht durch Lehrermangel, entgegenzuwirken. Karin Wolff kocht dabei ihr ganz eigenes Süppchen, denn ein Abwerben von Lehrern aus anderen Bundesländern, mittlerweile sogar im laufenden Schuljahr, ist an Gleichgültigkeit gegenüber den Problemen der anderen Länder kaum zu überbieten.
Ein besonders netter Einfall ist in diesem Zusammenhang auch die hessische Anzeigenkampagne unter der Überschrift „Hessen sucht Lehrer!“. Wer wird da nicht schwach werden? Womöglich mehr als sich Karin Wolff erhofft hatte, denn bisher sind lediglich 110 Anwärter dem Ruf der hessischen Lehrerbeschaffungsministerin gefolgt.
Bleibt nur noch abzuwarten, wann sich die ersten Schüler mit dem Unterrichten ihrer jüngeren Leidensgenossen das Taschengeld aufbessern werden – Verbeamtung nicht ausgeschlossen.