Abi – und dann?

Von unserer Gastredakteurin Tamara Brunnmayer

Diese Frage habe ich mir, überwiegend in der Zeit der Oberstufe, oft gestellt. Es gibt scheinbar unendlich viele Möglichkeiten: Universität, Ausbildung, Duales Studium, FSJ im In- und Ausland etc. Ich habe mich für Letzteres entschieden, bin nun für ein Jahr in Uganda und absolviere hier einen internationalen Freiwilligendienst über die Diakonie Hessen. Getroffen habe ich diese Entscheidung, da ich erst einmal mehr von der Welt, mal etwas anderes sehen wollte als Schule und das bekannte Kassel und Deutschland. Und auch um herauszufinden, wo meine Interessen liegen.

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Hier in Uganda arbeite ich in einer Dance Academy in den Slums von Kampala und zusätzlich in einer Grundschule, in der ich Klavierunterricht gebe. All das zeigt mir jeden Tag wieder, dass ich in meiner Zukunft gerne mit Kindern und Jugendlichen arbeiten und ihnen etwas beibringen möchte. Für mich steht jetzt fest, dass ich Lehrerin werden möchte – eine Entscheidung, die ich während meiner Zeit der Oberstufe noch nicht so sicher hätte benennen können.

Ein Auslandsaufenthalt braucht viel Mut und Entschlossenheit, schließlich lebt man in einem fremden Land, in einer anderen Kultur und mit fremden Menschen. Ist dieser Mut und vor allem diese Entschlossenheit vorhanden, rate ich jedem, dieses Abenteuer zu wagen. Bisher habe ich überwiegend gute Erfahrungen gemacht und mich selbst und die Welt ganz anders kennengelernt.
Für mich persönlich habe ich zum Beispiel gelernt, dass es wichtig ist, Zeit zu genießen. Es geht im Leben zu oft darum, so viel und schnell wie möglich Dinge zu erleben und zu erreichen, aber hier ist die Zeit langsamer und ich kann sie mit glücklichen Momenten füllen und Dinge tun, die mir persönlichen gefallen. Ich habe hier entdeckt, wie glücklich mich Tanzen tatsächlich macht und Musik im Allgemeinen. Und mal ganz ehrlich: Während der Schulzeit ist die Zeit immer getaktet und im Beruf wird es vermutlich auch nicht anders sein, warum also nicht ein Gap Year machen?!

Meiner Meinung nach ist die Zeit nach dem Abitur die beste Zeit, um ein solches Jahr im Ausland zu wagen, denn noch ist man jung und, wie ich hier gemerkt habe, unerfahren. Natürlich habt ihr, so wie ich auch, irgendwann 12 bis 13 Jahre Schule hinter euch, aber die Erfahrungen, die ich hier mache und gemacht habe, hätten mir Bücher und Unterricht nur bedingt geben können. In der Schule habe ich gelernt, Texte zu analysieren und Kurvendiskussionen durchzuführen, ebenso wie ich die Geschichte verschiedener Länder und die Unterschiede zwischen politischen Systeme kennengelernt habe. Aber hier habe ich gelernt mit einer anderen politischen Situation tatsächlich umzugehen, oder auch, wie es ist, anders behandelt zu werden nur aufgrund meiner Hautfarbe. Aber das Wichtigste, was ich hier kennenlernen durfte, ist, welche Rolle Zwischenmenschlichkeit spielt. Weder ich noch die Menschen hier haben viel Geld. Meine Freunde hier interessiert es nicht, wie ich aussehe oder was ich trage. Sie sind dankbar für jeden glücklichen Moment und ich bin es ebenfalls.

Letztendlich muss jeder für sich selbst entscheiden, ob er das wirklich möchte, denn wenn man sich zu unsicher ist, dann kann dieses Abenteuer auch schnell zum Alptraum werden. Ich habe mich im Vorfeld immer gefragt, ob ich es bereuen würde, wenn ich es nicht wagen würde, und ich bin mir inzwischen sicher, dass ich wieder genauso entscheiden würde. Mein Rat also, falls gewünscht: Denkt darüber nach, rechtzeitig und immer wieder, und überlegt euch, was ihr machen möchtet. Stöbert im Internet, schaut euch Projekte an und lasst euch auch von eurem Bauchgefühl leiten. Und: Fangt frühzeitig an! Viele Organisationen verlangen die Bewerbung für einen Auslandsaufenthalt ein Jahr vorher. Viel Glück und Erfolg bei eurer Entscheidungsfindung und vorher beim Abitur!