Jede*r vierte Deutsche engagiert sich ehrenamtlich. Die ergab eine Erhebung der Statista. Ehrenamtlich aktiv zu sein hat mir, einem ehemaligen Schüler des Goethe-Gymnasiums, ein Stipendium für mein Studium erbracht. Doch seitdem im Frühjahr das Coronavirus den ganzen Globus in einen Ausnahmezustand versetzt, ist die Möglichkeit, ein Ehrenamt auszuüben, stark eingeschränkt. Es folgt mein persönlicher Bericht über die Erfahrungen mit Ehrenamtlichkeit in diesem Jahr. Für mich und mein Ehrenamt kam Anfang März dieses Jahrs die Hiobsbotschaft: Die Veranstaltung des Europäischen Jugendparlaments (EJP) in Göteborg, Schweden, an der ich als Video-Editorial-Assistent für das Journalist*innenteam teilnehmen sollte, fiel aus.
Es war mehr als logisch, dass ein Event mit über 150 Jugendlichen aus ganz Europa nicht mehr stattfinden sollte, aber trotzdem war das für mich vor ein paar Monaten eine höchst unerfreuliche Nachricht. Es war allerdings nicht so, dass von heute auf morgen die Veranstaltung abgesagt wurde, sondern nach und nach entschieden sich einzelne Personen, nicht nach Schweden reisen zu wollen, und ich plante sogar mit einer anderen Teilnehmerin die vollständige Leitung meines Teams zu übernehmen. So wäre ich nicht mehr nur „Assistent“ gewesen, aber nur wenige Tage vor dem Event änderten sich auch in Schweden die Verordnungen und es war nicht mehr zu verantworten, die Veranstaltung durchzuführen.
Dies war der Anfang, aber nicht das Ende des Einflusses, den die Corona-Pandemie auf mein Ehrenamt ausübte. Es ging damit weiter, dass weitere EJP ausfielen und ein geplantes Sommerpraktikum noch nicht einmal begann, da die Organisation, die mich anstellen wollte, sich nicht mehr meldete – Umweltbildung auf Rügen war jetzt also auch nicht mehr Teil meines Sommerplans.
Die weiteren Auswirkungen auf mein Leben waren ab jetzt eigentlich vollkommen vorhersehbar, und dennoch erwischte es mich immer wieder unvorbereitet. Wie kann man sich schon auf Lockdown und Kontaktbeschränkungen vorbereiten?
Um mit genau diesen Bedingungen umzugehen, ergab sich beim EJP die Idee, digitale Events durchzuführen, also z.B. Parlamentssimulationen von und für junge Europäer*innen einfach digital über Zoom und Discord stattfinden zu lassen. Für mich persönlich lebten diese interkulturellen Begegnungen aber so sehr von dem physischen Beisammensein, dass mich diese zunächst nur als Zuschauer, nicht aber als Teilnehmer interessierten. Doch Ende September wurde ich gefragt, ob ich ein Team von Journalist*innen bei einem solchen digitalen Event leiten wollen würde. Da konnte ich trotz meiner Vorbehalte nicht „Nein“ sagen und habe mich auf dieses Abenteuer eingelassen. Aber trotz meines wachsenden Interesses und der sich langsam einstellenden Vorfreude war klar: Obwohl eine angepasste Vorbereitung noch recht ähnlich wie bei einem realen Event ablief, war es eben einfach nicht dasselbe. Ich packte also nicht Kamera, Laptop und Aufregung in meinen Koffer, sondern blieb in Jogginghose vor meinem Laptop festgeklebt in meiner Wohnung.
Das Event an sich fand, um für die teilnehmenden Schüler*innen den Schulbesuch zu gewährleisten, immer nachmittags statt. Für mich als Student gab es daneben keine Schule, sondern Uni-Zooms und Seminarartikel zu lesen. Diese Art der Doppelbelastung war schon ziemlich anstrengend; das ist eine „physische“ Sitzung zwar auch, aber eben doch einfach ganz anders, da durch direkte Interaktion mit den anderen Teilnehmer*innen vieles um einiges lustiger und lebendiger ist. Aber: Meine Teilnahme war das Beste für mich, was es in dieser Pandemie wohl geben konnte, da sie mich aus der Corona-Lethargie herausgeholt hat und ich so meine anfängliche Skepsis gegenüber solchen Formaten überwinden konnte. Nächste Woche steht schon die nächste Veranstaltung in meinem Terminkalender!