Pöbler ohne Grenzen?

Aus der Redaktion

Wenn sie an Deutschland denken, denken viele Menschen oft automatisch auch an die nationalsozialistische Vergangenheit. So auch im Ausland, wo auch schon einmal versucht wird, deutschen Touristen Relikte aus der Nazi-Zeit anzudrehen, wie eine Redakteurin von einem Alaska-Trip zu berichten weiß. Doch ist das Vorurteil vom Nazi- Deutschen berechtigt? Das fragt man sich besonders in einer Stadt, die in den letzten Jahren wegen der NSU-Morde immer wieder in die Medien geraten ist. Hat Kassel also eine rechte Szene? Und wenn ja: In welcher Form fällt diese auf?

Gedenkstein
Der Gedenkstein für die Opfer der NSU-Mordserie am Halitplatz
Zwar sitzt die NPD nicht im Kasseler Stadtrat, doch hat Kassel tatsächlich eine ansehnliche rechte Szene. Gruppen wie „Sturm 18“ (ein Codewort für Adolf Hitler) oder der „Freie Widerstand Kassel“ verüben immer wieder Gewalttaten gegenüber Ausländern und verbreiten Angst und Schrecken an ihren Lieblingsplätzen überall in der Kasseler Innenstadt.

Generell halten sich die Radikaleren auch gerne in der Nordstadt auf. Hier trinken sie auf öffentlichen Plätzen gemeinsam Bier und pöbeln Mitmenschen an. Auch in der Nacht auf den 8. Juli 2012 ereignete sich ein Zwischenfall, als betrunkene Neonazis zwei Mitbürger mit Baseballschlägern und Bierflaschen verprügelten. Wer meint, das sei nur die Tat betrunkener Pöbler aus dem rechten Milieu, der irrt, denn die beiden Angreifer waren Mitglieder des „Sturm“. Dessen ehemaliger Anführer, Bernd T., der seinerzeit „Sturm 18“ gründete, sitzt schon wegen Totschlags eines Obdachlosen im Gefängnis und es läuft ein weiteres Verfahren gegen ihn: Er zeigte sich im Internet mit dem Hitlergruß und posierte vor selbigem Portrait. Auch wenn der harte Kern des „Sturm“ wahrscheinlich nur aus zehn Rechtsradikalen besteht, reicht es dennoch aus, um Menschen in Angst und Schrecken zu versetzen. Aus einem Interview der HNA aus dem November des Jahres 2012 geht zum Beispiel hervor, dass ein Ladenbesitzer Angst vor den Nazis hat und diese in seiner Umgebung Sachschäden angerichtet haben. 

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Ein Mahnmal gegen den Nationalsozialismus gegenüber der Post (untere Königsstraße) nahe des Holländischen Platzes

Laut einer Studie der Friedrich Ebert Stiftung aus dem November 2012 vertreten in Westdeutschland 17,3% und in Ostdeutschland 15,8 % der Befragten rechtes Gedankengut. Die Zahl ist im Osten leicht ansteigend, besonders die Ausländerfeindlichkeit liegt bei 39%. Durch den NSU-Terrorismus, der mehrere Todesopfer forderte und dessen  Urheber und Unterstützer noch längst nicht ausfindig gemacht worden sind, verstärkt sich der Eindruck, dass Deutschland tatsächlich ein Rechtsradikalismus-Problem hat. 

Doch gibt es auch Nazis an unserer Schule oder in unserer unmittelbaren Umgebung? Zunächst fielen bei unseren Recherchen ein paar Schmierereien auf dem Uni-Gelände auf, doch Attacken oder Aktionen gegenüber Schülern, die dokumentierbar wären, gab es bisher noch keine. „Klar sieht man mal ein paar Typen mit den üblichen Nazi-Labels, aber ich hab‘ noch keine Attacke oder so mitbekommen“, so das Statement eines Schülers der neunten Klasse. Doch es ist zunehmend schwieriger, Rechtsradikale zu identifizieren, denn abgesehen von Labels wie Thor Steinar oder auch Consdaple sehen diese immer häufiger aus wie Mitglieder der  linken Szene.

Muss man also, wenn man in der Nordstadt spazieren geht, Angst vor knüppelschwingenden Glatzen haben? Nein, wohl eher nicht, diese Aussage bekräftigte auch ein Großteil unserer Befragten: „Nazis? Nein, vor denen hab‘ ich keine Angst.“ Dennoch sollte sich jeder darüber im Klaren sein, dass Rechtsradikale sehr aktiv sind und auch schon mal an Schulen auftauchen, um CDs mit Musik rechter Bands zu verschenken und so Anhänger zu rekrutieren. Ein wacher Blick kann also nicht schaden!

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